SY01.1 − Genuine und pharmakogene motorische Phänomene bei schizophrenen Psychosen: Theoretischer Hintergrund und Kontextdefinition
Genuine und antipsychotika-assoziierte motorische Bewegungsstörungen stellen neben Positiv- und  Negativsymptomen einen zentralen Aspekt der schizophrenen Symptomatik dar. In den letzten zwei Dekaden konnten zahlreiche Studien an Patienten mit Schizophrenie den nosologischen, klinischen und wissenschaftlichen Stellenwert genuiner und pharmakogener motorischer Defizite angemessener abbilden, als dies in den Jahrzehnten nach Einführung antipsychotischer Medikation erfolgt ist. In diesem Vortrag werden die vielfältigen motorischen Zeichen und Symptome bei schizophrenen Psychosen aus historischer und klinischer Sicht beleuchtet. Anschließend wird die wissenschaftliche Bedeutung genuiner motorischer Auffälligkeiten bei schizophrenen Psychosen dargestellt. Nicht zuletzt hat dieser Vortrag das Ziel, einen konzeptuellen Rahmen und ein Bezugssystem zu erarbeiten, welches Bewegungsauffälligkeiten bei schizophrenen Psychosen in genuin und antipsychotika-assoziiert auffasst. Die in diesem Beitrag dargestellten und diskutierten Konzepte werden in der Zukunft sowohl die psychiatrische Theoriebildung als auch moderne klinische Neurowissenschaften bereichern. 

PD Dr. Dusan Hirjak
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J5
69158, Mannheim
T 0621-1703-2540
E dusan.hirjak@zi-mannheim.de2

SY01.2 − Genuine motorische Phänomene bei psychischen Entwicklungsstörungen: Neuronale Korrelate und Pathomechanismen
Störungen der Motorik wurden bereits in der präantipsychotischen Ära im Zusammenhang mit schizophrenen Psychosen beschrieben. In den letzten zwei Dekaden konnten detaillierte Erkenntnisse den nosologischen, klinischen und wissenschaftlichen Stellenwert genuiner motorischer Defizite angemessener abbilden, als dies in den Jahrzehnten nach Einführung antipsychotischer Medikation erfolgt ist. Bei Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis kann die krankheitsinhärente Dysfunktion sensomotorischer Systeme mittlerweile als gut belegt gelten. Rezente Studien legen jedoch ein transnosologisches Phänomen nahe, das nicht auf schizophrene Störungen beschränkt ist. So können „neurologische soft signs“, abnorme unwillkürliche Bewegungen und katatone Symptome bei einer Vielzahl psychischer Erkrankungen mit entwicklungsneurobiologisch relevanter Pathologie beobachtet werden, etwa bei Autismus-Spektrum-Störungen, bipolaren Störungen, Tic-Störungen und der ADHS. Es ist derzeit unklar, ob motorische Defizite bei diesen Störungen auf ein gemeinsames neuronales Substrat beruhen, oder ob diagnosespezifische neuronale Korrelate abgeleitet werden können. In diesem Vortrag werden aktuelle Befunde zur strukturellen und funktionellen Neuroanatomie motorischer Symptome bei psychischen Entwicklungsstörungen vorgestellt. Schwerpunkte werden auf dem Gebiet der Autismus-Spektrum-Störungen und der ADHS gesetzt. Bei diesen Erkrankungen suggeriert die gegenwärtige Datenlage eine Assoziation zwischen motorischen Symptomen und kortikostriatalen Systemen. Diese neuronale Signatur scheint transnosologsich bedeutsam zu sein.
 
Prof. Dr. Robert Christian Wolf
Klinik für Allgemeine Psychiatrie
Voßstraße 4
69115 Heidelberg
T 06221-568061
E christian.wolf@med.uni-heidelberg.de

SY01.3 − Motorische Auffälligkeiten bei Schizophrenie: Effekte auf Kommunikation und mögliche Therapieoptionen
Motorische Phänomene treten häufig auf bei Erkrankungen des Schizophreniespektrums. Die Formen motorischer Auffälligkeiten variieren in Phänomenologie, Verlauf und Pathophysiologie, sodass man von mehreren zugrundeliegenden Mechanismen ausgehen muss. Einzelne Symptome haben in bestimmten Erkrankungsstadien prädiktiven Wert für den Verlauf. Motorische Auffälligkeiten wie Parkinsonismus oder neurologische Soft Signs sind beispielweise mit schlechterer Ausführung von Handgesten, aber auch mit schlechterer Wahrnehmung nonverbaler sozialer Stimuli assoziiert. Störungen der Handgestik als Einschränkungen in der nonverbalen Kommunikation sagen wiederum niedrigeres soziales Funktionsniveau und mehr Negativsymptomatik im Verlauf von 6 Monaten vorher. Einzelnen motorischen Phänomenen und auch der gestörten Gestenproduktion liegen Störungen in motorischen Hirnnetzwerken zugrunde. Relevant sind hier vor allem fronto-parietale Verbindungen sowie Verbindungen zwischen Thalamus und primär sowie sekundär motorischen Kortexarealen. Mittels nicht-invasiver Hirnstimulationsmethoden lassen sich diese motorische Netzwerke prinzipiell modulieren. Erste Ergebnisse einer rTMS Studie weisen darauf hin, dass insbesondere inhibitorische Stimulation des supplementär-motorischen Areals über 3 Wochen die psychmotorische Verlangsamung zu verbessern vermag. Solche Interventionsstudien sind ebenfalls denkbar zur Verbesserung der Gestenproduktion oder  feinmotorischer/koordinativer Störungen bei Schizophrenie. Die motorische Dimension der Erkrankung ist objektiv gut erfassbar, relevant für die Klinik und potentiell veränderbar durch Hirnstimulationsmethoden.
 
Prof. Dr. Sebastian Walther
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Murtenstrasse 21
3008 Bern
T +41316328979
E sebastian.walther@upd.unibe.ch2

SY01.4 − Morbus Parkinson und Huntington-Erkrankung als Modellerkrankungen für die Erforschung motorischer Phänomene in der Psychiatrie
Morbus Parkinson und die Huntington-Erkrankung gelten als Modellerkrankungen für motorische Dysfunktion. In den letzten zwei Dekaden konnte der genuine Parkinsonoid auch bei Antipsychotika-naiven ersterkrankten Patienten mit Schizophrenie identifiziert werden und ein Bezug zu kognitiven Symptomen hergestellt werden. Dieser Vortrag hat zum Ziel, wesentliche strukturelle und funktionelle Korrelate motorischer Prozesse bei diesen neurologischen Erkrankungen und Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis darzustellen und auf Gemeinsamkeiten hin zu betrachten. Anhand einzelner transdiagnostischer Symptome (z.B. Impulsivität) soll schließlich auch auf den Zusammenhang zwischen neuronalen Korrelaten motorischer und kognitiver Prozesse eingegangen werden.

Dr. Katharina Maria Kubera
Klinik f. Allgemeine Psychiatrie Heidelberg
Voßstr. 2
69115 Heidelberg
T 06221564466
E katharina.kubera@med.uni-heidelberg.de

SY02.1 − Sensations driving oxytocin neurones to sociality: a bridge to translational and clinical studies
The hypothalamic neuropeptide oxytocin (OT) exerts prominent pro-social effects and hence considered as potential drug for treatment of psychosocial diseases in human patients. Despite numerous publications focused on pro-social effects of OT, it is still unknown how social interaction affects electrical activity of OT neurons. In our study, we used viral vectors combined with optoelectrode technique to record individual OT neuron activity in rats during rest, exploration, and social interaction with unfamiliar conspecifics. Simultaneously we monitored animal behavior by an automated video tracking system coupled to recording of ultrasound vocalizations. Our results showed that social interactions induce an increase in firing rate of OT neurons and the spikes of simultaneously recorded OT neurons were synchronized precisely at the time of social interactions. Furthermore, the direct physical contact between rats led to a profound increase in OT neuron firing rates, while visual, auditory and olfactory signals did not significantly alter OT neuron activity. Next, to measure the direct contribution of somatosensory inputs to OT neurons activity we recorded OT cell responses to mechanical stimulations via controlled air puffs application to rat skin. The peri-stimulus time histogram analysis revealed an increase of OT neurons spiking activity with a delay of 0.5-1s from the onset of the stimulus. In conclusion, our results indicate that somatosensory signals are essential to activate OT neurons and, hence, to induce central neuropeptide release in socially interacting animals. This mechanism can be implicated to pathophysiology of human diseases characterized by avoidance of direct “somatic” contacts and impaired nociception, such as autism spectrum disorders. Furthermore, somatosensory stimulation can be proposed as an additional therapeutic tool to trigger endogenous OT release in the brain of patients afflicted with social deficits, such as autism spectrum disorder.
 
PD Dr. Valery Grinevich
DKFZ, Central Institute of Mental Health, University of Heidelberg
Im Neuenheimer Feld 581
D-69120 Heidelberg
T 49 6221 42 1581
E v.grinevich@Dkfz-Heidelberg.de

SY02.2 − Amygdala-Reaktivität und transnasale Oxytocin-Behandlung bei Angststörung
Dem hypothalamischen Peptidhormon Oxytocin kommt eine Schlüsselrolle bei reproduktivem Verhalten zu. In diesem Zusammenhang ist bekannt, dass Oxytocin auch anxiolytische Effekte induziert, um soziale Annäherung innerhalb einer Spezies zu ermöglichen. Vorklinische Grundlagenforschung der letzten Jahre hat gezeigt, dass sich sowohl beim Menschen als auch bei verschiedenen Tiermodellen durch intranasale Verabreichung des synthetischen Peptids erhöhte zentrale Oxytocin-Konzentrationen erzielen lassen. Die Auswirkung solcher exogenen Oxytocin-Gaben auf die neuronalen Korrelate von Furcht und ihre Auswirkungen auf furchtassoziierte Lern- und Entscheidungsprozesse stehen im Fokus dieses Vortrags.
 
Prof. Dr. Rene Hurlemann
Universitätsklinikum Bonn
Sigmund-Freud-Str. 25
53105 Bonn
T 0228 287 19124
E rene.hurlemann@ukbonn.de

SY02.3 − Oxytozinrezeptorpolymorphismen und Empathie
Oxytozin (OT) ist evolutionär betrachtet ein altes, recht einfach gebautes Nonapeptid, das im Hypothalamus synthetisiert wird. OT ist in vielen Regionen des zentralen Nervensystems anzutreffen und hat einen dämpfenden Einfluss auf Stresserleben und Angst. OT ist überdies in vielfältiger Weise an sozial-kognitiven Entscheidungsprozessen beteiligt. Bei psychisch Gesunden erhöht OT bspw. Vertrauen in andere Personen, es trägt andererseits aber auch zur Verstärkung der Bindung an Mitglieder der eigenen sozialen Gruppe bei, zum Teil auf Kosten der Ausgrenzung von Personen, die nicht der eigenen Gruppe zugehörig sind. Bei Patienten mit psychischen Störungen hat OT vielfältige Effekte auf soziale Kognition, die nicht immer konsistent mit den Befunden bei psychisch unbeeinträchtigten Personen sind.
Abgesehen von Wirkungen experimentell applizierten OTs haben Untersuchungen gezeigt, dass polymorphe Varianten des Oxytozinrezeptorgens (OXTR) ebenfalls unterschiedlichen Einfluss auf das Sozialverhalten haben. Es gibt Hinweise dafür, dass Gen-Umwelt-Interaktionen bedeutsam sind im Hinblick darauf, wie vulnerabel eine Person, die Träger einer bestimmten Variante ist, auf aversive Erlebnisse in der Kindheit reagiert. Andere Zusammenhänge des OXTR mit Sozialverhalten sind am besten bei Menschen mit Autismusspektrumsstörungen untersucht, teilweise auch bei Schizophrenien.
Der vorliegende Beitrag soll derartige Zusammenhänge am Bespiel der Empathie für Schmerz beleuchten. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass das A-Allel des SNP rs53576 reagibler auf Umweltfaktoren wie frühe Traumatisierung ist, als das G-Allel und dass Träger der A-Variante infolgedessen unterschiedliche starke Empathie für Schmerz zeigen.
 
Prof. Dr. Martin Brüne
LWL-Universitätsklinikum Bochum, Ruhr-Universität
Alexandrinenstr. 1
44791 Bochum
T 0234-5077-4410
E martin.bruene@rub.de

SY02.4 − Das Oxytocin-System bei schizophrenie - Transnasales Oxytocin als Behandlungsoption?
Patienten mit Schizophrenie weisen überdauernde Defizite in sozial-kognitiven Funktionen, wie Emotionserkennung und Empathie, auf. Oxytocin kann sich auf diese Funktionen neuromodulatorisch auswirken und u.a. Vertrauensbildung, psycho-soziale Bindung und Kooperativität verstärken. Zahlreiche neurobiologische und biochemische Befunde sprechen dafür, dass das Oxytocin-System bei Schizophrenie verändert und möglicherweise dysfunktional ist. So wurden u.a. veränderte Oxytocin-Spiegel in Blut und Liquor sowie reduzierte Oxytocin-Rezeptor-Expressionen in einzelnen Hirnregionen berichtet und genetische Oxytocin-Rezeptor-Varianten mit erhöhter Psychopathologie und beeinträchtigter sozial-kognitiver Leistung in Zusammenhang gebracht.
Vor diesem pathogenetischen Hintergrund soll die Evidenz für transnasal appliziertes Oxytocin als Behandlungsoption bei Schizophrenie zusammenfassend dargestellt und bewertet werden. Dabei zeichnet sich ab, dass klinische Effekte von transnasalem Oxytocin auf sozial-kognitive Funktionen Domänen-spezifisch zu betrachten sind und dass es erweiterter Probanden-Stratifizierungen bedarf, um Oxytocin-Effekte klinisch besser abbilden zu können. Darüberhinaus werden bisher uneinheitlich gehandhabte pharmakologische Aspekte, wie Dosierung, Behandlungsintervalle und -Dauer, Monotherapie vs. add-on, zu berücksichtigen sein. 
 
Prof. Dr. Christian Luckhaus
LWL-Universitätsklinikum Bochum, Klinik f. Psychiatrie, Psychoth. u. Präventivmed. d. Ruhr-Univ. Bo
Alexandrinenstr. 1-3
44791 Bochum
T 0151-40635698
E christian.luckhaus@lwl.org

SY03.1 − Update der Milden Enzephalitis-Hypothese
Ausgehend von Tiermodellen, insbesondere mit Borna disease Virus (BDV), einem streng neurotropen Virus, und ausgedehnten eigenen Untersuchungen zur Epidemiologie und möglichen Human-Pathogenität von BDV wurde die Milde Enzephalitis Hypothese entwickelt (Bechter 2001). Unter der Annahme einer durch BDV induzierten autoimmunen bzw. immunpathologischen Reaktion und dadurch getriggerten milden Enzephalitis wurden Therapieversuche (zunächst experimentell, dann in Studien) mit Liquorfiltration bei therapieresistenten affektiven und schizophrenen Psychosen durchgeführt, in Analogie zu dessen Anwendung bei Guillain- Barre-Syndrom. In 2/3 der zuvor lange therapieresistenten Fälle wurden rasche Remissionen nach Liquorfiltration beobachtet, z.T. mit lange anhaltenden Effekt, aber auch mit Rezidiven, welche allerdings erneut auf Liquorfiltration respondierten.
Die Milde Enzephalitis(ME) Hypothese nimmt an, dass eine Subgruppe( bisher ungeklärter Größenordnung) von Patienten mit schweren psychiatrischen Erkrankungen, insbesondere aus dem affektiven und schizophrenen Spektrum, an einer geringgradigen Encephalitis leidet, welche ursächlich den schweren psychiatrischen Erkrankungen zugrunde liegt, ME aber mit den bisherigen verfügbaren Methoden klinisch kaum nachweisbar ist. Vielfältige Bedingungsfaktoren werden angenommen, entscheidend für die Diagnostik und die Frage der Pathogenität ist aber das Vorliegen einer ME,  aus verschiedenen Ursachen (infektiös, parainfektiös, autoimmun, und unbekannten Mechanismen, zum Beispiel autoinflammatorisch).
Neben diesen solitären Therapie-Erfahrungen passt inzwischen eine große Zahl von Ergebnissen verschiedenster Arbeitsgruppen, erhalten mit verschiedensten Untersuchungsmethoden, zur milden Enzephalitis Hypothese schwerer psychiatrischer Erkrankungen, insbesondere affektiver und schizophrener Spektrum Psychosen (Bechter 2013): Epidemiologische (Assoziation mit Autoimmunerkrankungen und schweren Infektionen) und klinische Daten (Immunzellen, Zytokine, Inflammationsparameter Neuro-Imaging, Liquoruntersuchungen, neue Therapieansätze mit immunmodulatorischer und antiinflammatorische Wirkung) und auch in Hirnbiopsie und in post mortem Untersuchungen.
Ein aktueller Überblick insbesondere auch über neue Therapieansätze wird gegeben.
 
Prof. Dr. Karl Bechter
Universitätsklinikum Ulm/BKH Günzburg
L.-Heilmeyerstr. 4
89312 Günzburg
T 01577-9325496
E karl.bechter@bkh-guenzburg.de

SY03.2 − Autoimmunenzephalitiden in der Psychiatrie – Klinische Bedeutung und Rolle der Liquordiagnostik
Die Bedeutung von Autoimmunenzephalitiden hat in der letzten Dekade massiv zugenommen. Etablierte Schwerpunktsyndrome sind die limbische und anti-N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor Enzephalitis, die Hashimoto Enzephalopathie oder der Neurolupus. Klinisch treten meist neuropsychiatrische Störungsbilder auf. Kasuistisch wurden von unserer und diverser anderer Arbeitsgruppen aber zunehmend auch klassische, isolierte psychiatrische Störungsbilder beschrieben. Vorläufige Ergebnisse aus einer Literaturarbeit von unserer Arbeitsgruppe und erste Auswertungen aus der deutschlandweiten, kumulativen GENERATE-Psych-Datenbank scheinen diese Annahme zu bestätigen. Ein akuter/subakuter Beginn, neurologisch-internistische Begleitsymptome (wie katatone Symptome, Dyskinesien oder vegetative Entgleisungen), ein fehlendes Ansprechen auf eine klassische Psychopharmakotherapie, Hinweise auf ein malignes neuroleptisches Syndrom, der Nachweis von assoziierten Autoantikörpern und Zusatzbefunde wie ein entzündliches Liquorsyndrom, epileptische Aktivität/Verlangsamungen im EEG und „Enzephalitiszeichen“ in der Bildgebung können auf eine autoimmune Enzephalitis hinweisen. Es können Patientengruppen mit etablierten antineuronalen Antikörpern (gegen Oberflächen- oder intrazelluläre Antigene), Schilddrüsen- und rheumatologischen Antikörpern unterschieden werden. Die Liquoranalyse spielt in der Diagnostik eine wichtige Rolle. In eigenen Screeninguntersuchungen bei psychiatrischen Kollektiven konnten wir häufige Liquorpathologien (z.B. erhöhte Albuminquotienten bei 21.8% oder Hinweise auf eine intrathekale Immunglobulinsynthese bei 7.2% der Patienten mit schizophreniformen Syndromen) finden.  In Einzelfällen werden antineuronale Antikörper gefunden, die bei passenden Zusatzbefunden Hinweis auf eine Autoimmunenzephalitis sein können. Wir untersuchten im Kontext der Hashimoto-Enzephalopathie und des Neurolupus, ob sich für die serologisch häufig auffälligen Schilddrüsenautoantikörper und unterschiedliche rheumatologische Antikörper eine intrathekale Antikörpersynthese in psychiatrischen Patientenkollektiven zeigen lässt. Für Subgruppen seropositiver psychiatrischer Patienten konnte eine intrathekale Synthese gezeigt werden. Ob derartige Befunde als Biomarker für eine immunsuppressive Therapie dienen können, muss in weiteren Studien untersucht werden. Die Thematik ist von hoher klinischer Bedeutung, weil sie für die Psychiatrie neue therapeutische Möglichkeiten mit Immunsuppressiva eröffnet.
 
Dr. Dominique Endres
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg
Hauptstraße 5
79104 Freiburg
T 0761-27066350
E dominique.endres@uniklinik-freiburg.de

SY03.3 − Zentralnervöse Effekte zirkulierender Autoantikörper gegen Hirn-Antigene sind durch negative Liquor Titer nicht auszuschließen
Autoantikörper (AK) gegen die N-Methyl-D-Aspartat-Rezeptor Untereinheit NR1 (NMDAR1-AK) weisen eine gleichermaßen hohe Seroprävalenz bei gesunden wie kranken Menschen und darüber hinaus auch bei anderen Säugetieren auf. Die Ursache dieser altersabhängig ansteigenden hohen NMDAR1-AK Präsenz im Blut ist ebenso unbekannt, wie ihre (patho)physiologische Rolle. Unabhängig von der Immunglobulinklasse (IgG, IgA oder IgM) sind offenbar alle diese AK funktionell und daher bei Erreichen Ihrer Bindungsstellen im Gehirn über eine gestörte Blut-Hirn-Schranke (BHS) potentiell symptomatisch (NMDAR antagonistische, also ‘ketaminartige‘ Wirkung). Unklar war bislang, ob diese zirkulierenden AK auch im Liquor erscheinen. Von N=271 Patienten mit CSF-Serum-Paaren waren erwartungsgemäß (mittleres Alter 40 Jahre) ~10% (N=26) NMDAR1-AK seropositiv. Davon hatten 8 Patienten eine BHS Störung (Albumin Quotient erhöht), jedoch fanden sich erstaunlicherweise nur in einem Fall NMDAR1-AK im Liquor. Im Gegensatz dazu waren Tetanus-AK (keine Bindungsstellen im Gehirn) bei allen untersuchten Personen in Serum und Liquor nachweisbar. In translationalen Mausexperimenten konnten wir die Hypothese erhärten, dass das Gehirn als ein ‘Immunpräzipitator‘ wirkt. Simultane intravenöse Injektion von NMDAR1-AK und GFP-AK (keine Bindungsstellen im Gehirn) resultierte in Nachweisbarkeit der ersteren im Hirngewebe, insbesondere ausgeprägt bei BHS Störung, und der letzteren nur im Liquor. Wir schließen daraus, dass zirkulierende NMDAR1-AK bei offener BHS durchaus syndromal relevant sein können, auch wenn sie im Liquor nicht nachweisbar sind.
 
Prof. Dr. Hannelore Ehrenreich
Max-Planck-Institut für Experimentelle Medizin
Hermann-Rein-Str. 3
37075 Göttingen
T +49-551-3899 628 oder 615
E ehrenreich@em.mpg.de

SY03.4 − FDG-PET in der Diagnostik von Autoimmunenzephalitiden
Nuklearmedizinische Verfahren wie die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ermöglichen auf molekularer Ebene die Darstellung vielfältiger Zielstrukturen in vivo. Für die PET kommt z.B. [18F]Fluordeoxyglukose (FDG) zur Messung des regionalen Glukosemetabolismus in Betracht, welcher als Marker neuronaler Aktivität, aber auch entzündlicher Prozesse dient.
Eine Ganzkörper FDG-PET wird bei Patienten mit der Verdachtsdiagnose einer Autoimmunenzephalitis häufig zum Tumorscreening durchgeführt. Hingegen kann eine zerebrale FDG-PET zur Diagnosesicherung einer Autoimmunenzephalitis beitragen. Die meisten FDG-PET Studien bei Patienten mit einer Autoimmunenzephalitis beschreiben neben einem mesiotemporalen Hypermetabolismus, einen Hypometabolismus der Assoziationskortizes, mit relativer Aussparung der primären Kortexareale, des Kleinhirns und des Striatums. Letzteres kann auch einen Hypermetabolismus aufweisen. Neuere PET Studien bei der Autoimmunenzephalitis zeigten jedoch einerseits distinkte extra-mesiotemporale Befunde, welche das Kleinhirn, okzipitale oder frontale Regionen, das Striatum und den Thalamus betreffen. Andererseits fanden sich aber auch unauffällige FDG-PET Scans bei Autoimmunenzephalitis-Patienten. Die Heterogenität der Bildgebungsbefunde mag durch die Beobachtung erklärt werden, dass der jeweils in Liquor/Serum nachgewiesene Autoantikörpertyp signifikant mit den metabolischen Mustern der FDG-PET assoziiert ist. In vivo Daten zeigten, dass Patienten mit Autoantikörpern gegen intrazelluläre Antigene (z.B., Hu, Ri, GAD),  mesiotemporale Auffälligkeiten im FDG-PET aufwiesen. Hingegen war dies bei nur ca. 20% der Patienten mit Autoantikörpern gegen Oberflächenantigene (z.B., VGKC, NMDA) der Fall. Die Mehrheit dieser Patienten zeigte entweder einen unauffälligen FDG-PET Befund oder nur Auffälligkeiten außerhalb der mesiotemporalen Region.
In der Zusammenschau unterstreicht dies die Annahme, dass verschiedene Pathomechanismen der Autoimmunenzephalitis zu Grunde liegen, vermittelt durch Antikörper gegen Oberflächen- oder intrazelluläre Antigene. Die FDG-PET erweist sich in diesem Kontext nicht nur als valides diagnostisches Instrument, sondern trägt auch zur besseren Charakterisierung und zum ätiopathogenetischen Verständnis der Autoimmunenzephalitiden bei.
 
PD Dr. Sabine Hellwig
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Freiburg
Hauptstr. 5
79104 Freiburg
T 076127065010
E sabine.hellwig@uniklinik-freiburg.de

SY04.1 − Phänotypisierung von Immunzellen bei neurodegenerativen Erkrankungen
Die Beteiligung des Immunsystems an der Pathogenese neurodegenerativer Erkankungen ist durch neuropathologische, bildgebende und (molekular)genetische Befunde gut belegt. Im Falle der Alzheimer Krankheit wurden in genomweiten Assoziationsstudien unlängst eine Reihe immunologisch relevanter Gene wie Komplementrezeptor-1, CD33 und TREM2 als Risikogene identifiziert. Eine systembiologische Untersuchung hat das phagozytoseassoziierte TYROBP-Netzwerk in Mikroglia, den ortständigen Immunzellen des Gehirns, als einen starken Einflussfaktor identifiziert.
Im Rahmen der DELCODE-Studie des DZNE untersuchen wir die frühen Erkrankungsstadien der Alzheimer Krankheit. Unter Verwendung moderner immunologischer und biochemischer Techniken wollen wir die zellulären Veränderungen im peripheren Blut mit denen im zentralen Nervensystem vergleichen. Erste Ergebnisse dieser Untersuchungen werden in meinem Vortrag vorgestellt.
 
Prof. Dr. Josef Priller
DZNE Berlin
Charitéplatz 1
10117 Berlin
T 030450517209
E josef.priller@charite.de

SY04.3 − Molekulare Aspekte der Alzheimer Krankheit aus pathologisch-anatomischer Sicht
Die Alzheimer Krankheit ist histopathologisch durch Alzheimer‘sche Neurofibrillenveränderungen und senile Plaques gekennzeichnet. Alzheimer‘sche Neurofibrillenveränderungen bestehen aus intracytoplasmatischen Aggregaten abnorm phosphorylierten τ-Proteins in Nervenzellen. Senile Plaques sind dagegen extrazelluläre Ablagerungen aggregierten Amyloid-β Proteins (Aβ). Diese beiden Pathologien beginnen im präklinischen Stadium der Erkrankung und finden sich hier beschränkt auf spezifische Gehirnregionen, wobei Neurofibrillenveränderungen und Plaques in ihrem Verteilungsmuster deutliche Unterschiede aufweisen. In der Folge breiten sich beide Pathologie in jeweils spezifischen Mustern weiter aus, bis schliesslich im Endstadium der Alzheimer Krankheit nahezu alle Gehirnregionen Veränderungen aufweisen. Darüber hinaus verändert sich die Zusammensetzung der Aβ Plaques, indem posttranslational modifizierte Formen von Aβ im Verlauf der Erkrankung in einer festen Reihenfolge in den Plaques nachweisbar werden. Inwieweit sich die Ablagerung von senilen Plaques und die Entstehung von Neurofibrillenveränderungen bei der Alzheimer Krankheit gegenseitig beeinflussen können ist noch nicht völlig geklärt. In τ-transgenen Mäusen kann die τ-Pathologie durch Aβ stimuliert werden und aus Autopsiestudien geht hervor, dass Frühstadien der τ-Pathologie in einem deutlich höheren Prozentsatz, auch schon in jungen Jahren, gesehen werden als die Aβ Veränderungen. Ca. 20 % der 80-100 jährigen Individuen in den Autopsieserien zeigen keine Plaques im Gehirn, auch wenn initiale τ-Veränderungen vorliegen. Aus diesen Befunden lässt sich die Hypothese begründen, dass die ersten τ-Veränderungen altersentsprechende morphologische Veränderungen sind, die sich erst in Gegenwart von Aβ zum Vollbild der Alzheimer Krankheit weiter entwickeln und ausbreiten können.
Support: AFI, FWO, VIND
 
Prof. Dr. Dietmar Thal
KU Leuven
Herestraat 49
3000 Leuven , België
T 0032-16-3-44047
E dietmar.thal@kuleuven.be

SY04.4 − Neurodegenerative und neuroprotektive Funktionen extrazellulärer Vesikel
Extrazelluläre Vesikel (EVs) enthalten Lipide, RNA und Proteine. Sie werden von nahezu allen Zellen freigesetzt und können aus dem Extrazellulärraum wieder in andere Zellen aufgenommen werden. Ihre Funktion ist die Freisetzung toxischer zellulärer Inhaltsstoffe aus Zellen bzw. die   Zell-Zell- Kommunikation.  EVs werden als pathogener Faktor bei der Propagation von fehlgefalteten und neurotoxischen Proteinen diskutiert. In diesem Beitrag werden wir die Rolle von EVs bei der Pathogenese neurodegenerativer Erkrankungen, ihren Nutzen als Biomarker sowie ihre protektiven Funtionen im ZNS diskutieren.
 
Anja Schneider
UK Bonn&DZNE
Sigmund-Freud-Str.
53127 Bonn
T 0228-28715715
E anja.schneider@dzne.de

SY05.1 − Genom-weite Assoziationsstudie von Angst und Stress bedingten Störungsbildern
Angst und Stress bedingte Störungsbilder zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Eine Vielzahl der Patienten leidet zudem an weiteren psychischen sowie somatischen Erkrankungen. Familien- und Zwillingsstudien deuten auf ausgeprägte Rolle genetischer Faktoren in der Ätiologie dieser Störungsbilder hin. Da Angst und Stress bedingte Erkrankungen höchstwahrscheinlich unterschiedliche Ausformungen eines basalen Defektes im Stress-Responz System darstellen, wurden in der hier beschriebenen genom-weiten Assoziationsstudie Patienten mit unterschiedlichen Diagnosen des Angstspektrums eingeschlossen. Die Studie basiert auf 12,655 Patienten mit Angst and Stress bedingten Störungsbildern sowie 19,225 gesunden Kontrollpersonen. Standardverfahren der Assoziationsanalyse wurden hierbei mit komplexen Modell kombiniert um den potentiellen Einfluss häufiger Komorbiditäten auf die genetischen Assoziationsbefunde zu evaluieren. Heritabilität und genetische Korrelationen wurden mittels des LD Scores berechnet. Signifikante Befund wurden zudem in Tiermodellen zu chronischem Stress vertieft untersucht. Die Ergebnisse zeigen eine konsistente Assoziation von genetischen Varianten im Gen PDE4B mit Angst und Stress bedingten Störungsbildern. In den Gehirnen von Mäusen, welche chronischem Stress ausgesetzt waren und ängstliches Verhalten zeigten, beobachteten wir zudem Veränderungen in der Expression des PDE4B Gens. Die Heritabilität von Angst und Stress bedingten Störungsbildern lag bei 0.31 (Standardfehler 0.026). Signifikante genetische Korrelation zeigten sich mit einer Vielzahl psychischer Erkrankungen, Rauchen, Übergewicht so wie soziodemographischer Faktoren (wie Bildung, Reproduktionsalter, etc.). Unsere Studie legt nahe, dass es sich bei Angst und Stress bedingte Störungsbildern um komplexe heritable Erkrankungen handelt, die eine Vielzahl bedeutsamer genetischer Korrelationen mit anderen Phänotypen aufweisen. Die Befunde deuten zudem auf eine Rolle des Kandidatengens PDE4B in der Entstehung von Angst und Stress bedingten Störungsbildern hin, wodurch sich insbesondere durch PDE4B Inhibitoren neue Behandlungsoptionen ergeben könnten .
 
Dr. Sandra Melanie Meier
Aarhus Universitätsspital
Skovagervej 2
8240 Risskov
T 004522251933
E SANMEI@rm.dk

SY05.2 − Von "early life adversities" zu stressbedingten Erkrankungen im Erwachsenenalter: Eine epigenetische Perspektive
Zur Ätiologie und Pathophysiologie stressassoziierter Erkrankungen wie Depression und Angsterkrankungen tragen sowohl genetische, als auch umweltbedingte Faktoren bei. Bei den Umweltfaktoren sind hier besonders belastende Ereignisse in frühen, sensiblen Lebensabschnitten („early life adversities; ELA) zu nennen, wobei die neurobiologischen Prozesse, die der Assoziation zwischen ELA und der späteren Erkrankung zugrunde liegen, bislang nur unvollständig verstanden sind. Studien legen nahe, dass epigenetische Mechanismen wie z.B. die Veränderung der DNA-Methylierung in Promotorbereichen relevanter Gene hier eine Rolle spielen. Innerhalb des Netzwerks POSEIDON haben wir in einem translationalen Ansatz, der die Untersuchung dreier Spezies (Mensch, Primaten, Nager) beinhaltete, Gene identifiziert, deren Promotorbereich nach der Erfahrung von ELA differentiell methyliert ist. Eines dieser Gene ist MORC1, das wir zudem auf genetischer Ebene mit der schweren Depression assoziiert gefunden haben. In nachfolgenden Studien untersuchen wir nun, inwiefern sich die epigenetische Dysregulation von MORC1 nach ELA als Biomarker stressbedingter Erkrankungen im Erwachsenenalter eignet. Hierbei wenden wir unter anderem einen „Epigenetic Imaging“-Ansatz an und untersuchen den Einfluss von ELA sowie der resultierenden eigenetischen Veränderungen auf die zerebrale Konnektivität sowie zerebraler Aktivierungsmuster in einer Kohorte angsterkrankter Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollen. In Kooperation mit Jun.-Prof. Nadja Freund führen wir zudem weiterführende molekulare Untersuchungen von MORC1 in einem Nagemodell für ELA durch, um das Gen und dessen Produkte weiter funktionell zu charakterisieren, mit dem Ziel die biologischen Vorgänge besser zu verstehen, die dem Link zwischen ELA und späteren stressbedingten Erkrankungen zugrunde liegen.
 
Prof. Dr. Vanessa Nieratschker
Universitätsklinikum für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen
Calwerstr. 14
72076 Tübingen
T 070712985523
E Vanessa.nieratschker@med.uni-tuebingen.de

SY05.3 − Schaltkreise in der Amygdala und die Kontrolle von Furchtgedächtnis
Wir untersuchen die Mechanismen erlernter Furcht und ihrer Extinktion. Dies erlaubt es uns, Einblicke in generelle Prinzipien von assoziativen Lern- und Gedächtnisvorgängen zu bekommen, andererseits dient es als translationales Modell, um die Dysregulation von Furcht und Angst, z.B. bei Angststörungen besser zu verstehen. Für die Speicherung von Furchtgedächtnis und die Steuerung von Angstreaktionen ist die Amygdala eine zentrale Hirnstruktur. Sensorische Information erhält sich über thalamische und kortikale Eingänge und sie ist Teil eines reziprok verbundenen Netzwerkes mit dem Hippokampus und Präfrontalkortex, welches Furcht und Extinktion steuert. Unser Ziel ist es, die Netzwerkarchitektur besser zu verstehen mit Fokus auf möglichen parallelen Schaltkreise, in denen sensorische  Information verarbeitet wird und der Funktion und Plastizität inhibitorischer Elemente, wie lokaler Interneurone und interkalierten Zellen in der Amygdala. Dies untersuchen wir im Mausmodell, indem wir experimentelle Ansätze wie zelluläre Elektrophysiologie und zelluläres Imaging, sowie optogenetische Manipulationen und Verhaltensanalyse, kombinieren. Hier werde ich unterschiedliche Aspekte unserer Arbeit beleuchten. Einerseits werde ich die funktionelle Architektur präfrontal und hippokampaler Verbindungen mit Amygdala Schaltkreisen erläutern, und systemische Prozesse, die Extinktion modulieren. Andererseits werde ich neue, parallele Schaltkreise aufzeigen, die interkalierte Zellen in der Amygdala integrieren und eine Rolle bei der Steuerung von Furcht und Extinktion haben können.
 
Dr. Ingrid Ehrlich
Hertie Institut für Klinische Hirnforschung, Universität Tübingen
Otfried-Müller-Str. 25
72076 Tübingen
T 07071-2989189
E ingrid.ehrlich@uni-tuebingen.de

SY05.4 − Link zwischen Erregungs-Dysbalancen im präfrontalem Cortex  und Angst
Die serotonergen Neurone der Raphekerne spielen eine wichtige Rolle in der Modulation von Emotionen. Vor allem deren Input in die infralimbische Region (IL) des medialen präfrontalen Cortex (mPFC) weist eine hohe Relevanz bei der Entstehung und Manifestation von Angst und Depressionen auf. Eine der Schlüsselfiguren der Verarbeitung von serotonergen Signalen im zentralen Nervensystem ist der G-Protein-gekoppelte 5-HT1A Rezeptor. Durch seine Kopplung an inhibitorischen Signalwege agiert er zum Einen als Autorezeptor, um den Serotoninspiegel zu regulieren, zum Anderen als Heterorezeptor, um serotonerge Signale postsynaptisch zu verarbeiten. Mäuse, in denen 5-HT1A Rezeptoren fehlen zeigen ein gesteigertes Angstverhalten. In unsere Studie konnten diese Befunde bestätigt werden und durch immunohistochemische Techniken gezeigt werden, dass ein Ungleichgewicht zwischen Exzitation und Inhibierung (E/I) im neuronalen Netzwerk des mPFC diesem Angstverhalten zugrunde liegt.
In Übereinstimmung mit dieser Hypothese führte eine optogenetische Erhöhung der Aktivität von pyramidalen Neurone in der IL Region, und damit eine Verschiebung der E/I Balance, zu einem signifikant erhöhten Angstverhalten in mehreren Verhaltensexperimenten. Das motorische Verhalten der Mäuse wurde hierdurch jedoch nicht  beeinträchtig. Wir vermuten, dass 5-HT1A Rezeptoren entscheidend sind, um das E/I Gleichgewicht im Cortex aufrecht zu erhalten.
 
Prof. Dr. Olivia Masseck
NG Hochauflösende Fluoreszenzmikroskopie
Universitätstr. 150
44780 Bochum
T 02343223754
E masseck@neurobiologie.rub.de

SY06.1 − Neurobiologische Basis der Sehnsucht nach Drogen
Bildgebungsstudien legen nahe, dass Sehnsucht nach Drogen, kalorie-reiches Essen, Sex und Glücksspiel durch bi- und unlaterale neuronale Netzwerke verarbeitet wird, die einen nicht-vernachlässigbaren Ähnlichkeit aufzeigen. Wir haben durch eine umfassende Meta-Analyse von publizierten Studien (5573 Probanden) der Grad der Überschneidung diese Netzwerke identifiziert. Die Resultate zeigen unter anderem welche Gehirnregionen spezifisch auf Drogenreize u.a. Alkohol, Nikotin, Heroin, Kokain und Methamphetamin reagieren und können dazu beitragen akkurate Ziele für die Reduktion der Sehnsucht nach Drogen zu definieren.
 
PD Dr. Hamid R. Noori
Max Planck Institute for Biological Cybernetics
Max Planck Ring 8
72076 Tübingen
T +4970716011710
E hamid.noori@tuebingen.mpg.de

SY06.2 − Neue Befunde zum Effekt von Naltrexon und Nalmefen auf neurale Reizreaktivität, Alkoholverlangen und Rückfallrisiko: welche Patienten profitieren?
Hintergrund:
Medikamentöse Behandlungsoptionen sind ein wichtiger Baustein der Behandlung der Alkoholabhängigkeit. Mit Naltrexon (NTX) und Nalmefen (NMF) stehen Substanzen zur Verfügung, die Opioidrezeptoren modulieren und darauf abzielen das Verlangen nach Alkohol und den belohnenden Effekt des Konsums zu reduzieren. Wir stellen aktuelle Befunde zu den Effekten beider Substanzen auf Alkohol-reizinduzierte Gehirnaktivierung sowie dem Zusammenhang zu Alkoholverlangen und Rückfallrisiko bei alkoholabhängigen Patienten vor.
Methoden:
In zwei Studien wurde der Einfluss von NTX (Studie 1) und NMF (Studie 2) auf die reizinduzierte Gehirnaktivität mittels funktioneller Magnetresonanztomographie zu zwei Zeitpunkten (T1 und T2) untersucht. Die Hälfte der Patienten in Studie 1 erhielt NTX zusätzlich zur Standardtherapie. In Studie 2 erfolgte eine Untersuchung von NMF in einem cross-over Design. Zusätzlich zur Erfassung klinischer Daten und des Alkoholverlangens in beiden Studien erfolgte in der NTX-Studie eine Erfassung der Rückfalldaten über einen Zeitraum von drei Monaten.
Ergebnisse:
In der ersten Studie wurden 35 gesunde Kontrollen und 50 alkoholabhängige Patienten mittels fMRT untersucht. Es fand sich eine signifikante Interaktion zwischen NTX und dem Messzeitpunkt im linken Putamen: die Gruppe der Pat. die NTX erhielte zeigte im Vergleich zur Standardbehandlungsgruppe keinen Anstieg der mesolimbischen Reizreaktivität über die Zeit. Zudem zeigten sich ein signifikanter Haupteffekt von NTX und eine signifikante Interaktion zwischen NTX und neuraler Reizreaktivität auf das Risiko eines schweren Alkoholrückfalls. Die zweite Studie untersuchte 18 Patienten und zeigte eine Reduktion der Reizreaktivität im dorsalen Striatum nach NMF Einnahme im Vergleich zur Placebobedingung.
Schlussfolgerungen:
Die Befunde zu den Effekten von NTX und NMF unterstreichen die Rolle reizinduzierter Gehirnaktivität als potentiellen Prädiktor für einen Behandlungserfolg und als Parameter der eine erfolgreiche Behandlung anzeigen kann. In Zukunft könnten die genauere Charakterisierung dieses Phenotyps sowie eine Assoziation mit einfach verfügbaren klinischen Daten eine Auswahl von Patienten erleichtern, die von einer Behandlung mit Opiodantagonisten profitieren.
 
Dr. Patrick Bach
Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin
J5
68159 Mannheim
T 0621-1703-3888
E patrick.bach@zi-mannheim.de2

SY06.3 − Tiefe Hirnstimulation bei stoffgebundenen Abhängigkeiten – welche klinischen Daten gibt es?
Im Zuge der Etablierung und Aufrechterhaltung einer stoffgebundenen Abhängigkeit wird  -neben genetischen, sozialen und kontextuellen Faktoren- eine substanzinduzierte Fehlfunktion des hirneigenen Belohnungssystems als entscheidender Faktor angesehen. Unter der  Hypothese einer Modulation der substanzinduzierten Fehlfunktion des Belohnungssystems wird seit einigen Jahren auch das Verfahren der Tiefen Hirnstimulation (THS) bei stoffgebundenen Abhängigkeiten in Einzelfällen und kleineren Studien diskutiert. Der Vortrag hat sich zum Ziel gesetzt den derzeitigen Wissensstand zur therapeutischen THS bei Patienten mit langjähriger Abhängigkeit zu referieren und die vielen damit assoziierten Probleme aufzuzeigen.
 
Prof. Dr. Jens Kuhn
Uniklinik Köln
Kerpener Str. 62
50937 Köln
T 00492086974700
E jens.kuhn@uk-koeln.de

SY06.4 − Echtzeit-Neurofeedback in der Behandlung von Alkoholabhängigkeit – Die Systems Biology of Addiction (SYBIL-AA). fMRI-Neurofeedback-Studie
Einleitung:
Eine erfolgreiche Behandlung von Alkoholabhängigkeit wird selten erreicht. Etablierte Behandlungsansätze zeigen Rückfallraten von 30-85% (1), was die Notwendigkeit von neuen und innovativen Ansätzen in der Behandlung von Alkoholabhängigkeit zeigt. Neurofeedback (real-time functional magnetic resonance imaging neurofeedback, rtfMRI-NF) ermöglicht es Teilnehmern, Kontrolle über Gehirnprozesse zu erlangen, welche sonst nicht direkt zugänglich sind. rtfMRT-NF kann daher potenziell als Behandlungsinstrument bei Alkoholabhängigkeit dienen, da es krankheitsrelevante Gehirnprozesse erreichen kann (2,3). In der interventionellen, randomisierten, kontrollierten Neurofeedback Studie wird die Wirksamkeit von rtfMRI-NF in Bezug auf das 3-Monats Outcome bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit untersucht.
Methodik:
Die Teilnehmer werden zufällig fünf Gruppen zugeteilt und müssen entweder das Ventrale Striatum (VS) herunter regulieren, den Inferioren Frontalen Gyrus (IFC) hoch regulieren, den Auditorischen Kortex herunter oder hoch regulieren (Kontrollgruppen),  oder die Konnektivität zwischen dem IFG und dem VS erhöhen. Die primären Zielvariablen sind Veränderungen in funktionellen Hirnnetzwerken in den und über die Neurofeedbacksitzungen, die Rückfallquote nach drei Monaten und der Zusammenhang zwischen beidem.
Ergebnisse:
Vorläufige Ergebnisse zeigen, dass Patienten, die während der Präsentation von alkoholischen Stimuli ein Feedbacksignal aus dem VS erhalten, eine stärkere Deaktivierung im VS zeigen, als Patienten, die ein Feedbacksignal aus dem Auditorischen Kortex erhalten.
Schlussfolgerung:
Bei Patienten mit einer Alkoholabhängigkeit kann mit Hilfe von rtfMRI-NF stimulusinduzierte Aktivierung im VS erfasst und beeinflusst werden, was eine Voraussetzung für die klinische Anwendung von rtfMRI-NF bei Alkoholabhängigkeit ist.
Literatur:
(1) Naqvi, N. H., & Morgenstern, J. (2015). Cognitive Neuroscience Approaches to Understanding Behavior Change in Alcohol Use Disorder Treatments. Alcohol Res, 37(1), 29-38.
(2) Kirsch, M., Gruber, I., Ruf, M., Kiefer, F., & Kirsch, P. (2015). Real-time functional magnetic resonance imaging neurofeedback can reduce striatal cue-reactivity to alcohol stimuli. Addict Biol 21(4):982-992. doi:10.1111/adb.12278
(3) Schacht, J. P., Anton, R. F., & Myrick, H. (2013) Functional neuroimaging studies of alcohol cue reactivity: a quantitative meta-analysis and systematic review. Addict Biol 18:121–133.
 
Sarah Gerhardt
ZI Mannheim
Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin
Lessingstraße 37h
76135 Karlsruhe
T 062117033927
E sarah.gerhardt@zi-mannheim.de

SY06.5 − Baclofen zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit. Systematisches Review und Metaanalyse randomisierter, placebokontrollierter Studien
Tom Bschor, Christopher Baethge
Einleitung
Zur Langzeittherapie der Alkoholabhängigkeit werden auch Pharmaka eingesetzt. Die in Deutschland zugelassenen (Acamprosat, Naltrexon, Nalmefen) haben eine geringe Wirksamkeit [1,2]. Der als Muskelrelaxans eingesetzte GABA-B-Rezeptor-Agonist Baclofen ist ein vielversprechender weiterer Kandidat, da er in einigen RCTs gute Wirksamkeit zeigte (z. B. [3]), in anderen allerdings nicht (z. B. [4]). In den vergangen 3 Jahren sind mindestens 6 neue RCTs erschienen.
Methode
Systematisches Review und Metaanalyse unter strikter Befolgung der methodischen Vorgaben des Cochrane Handbook for Systematic Reviews of Interventions [5]. Vorab-Registrierung der Methodik (PROSPERO 2017: CRD42017073663). Primärer Zielparameter (primary outcome): Standardisierte Mittelwertdifferenzen (standardized mean differences, SMD), errechnet aus den primären Zielparametern der jeweiligen Studie. Sekundäre Zielparameter u. a.: Abstinenzraten, Trinkmengenreduktion, Craving (gemessen mit der OCDS), Abbruchraten (gesamt und aufgrund von Nebenwirkungen) als Maß der Verträglichkeit, hochqualitative Studien ausschließlich (risk of bias analysis gemäß Cochrane Handbook [5]). Publikations-Bias-Abschätzung (funnel plot und Egger’s test). Sensitivitäts-Analyse (leave-one-out-Analyse, Orwin’s fail-safe N).
Ergebnisse
13 RCTs konnten in eingeschlossen werden. Die meisten verwendeten Baclofen-Standarddosierungen um 30 bis 60 mg/d, einige auch Hochdosis bis 270 mg/d. Die Effekte im Vergleich zu Placebo gemäß den Original-Publikationen fallen unterschiedlich aus. Zum Zeitpunkt der Abstracteinreichung sind Datenextraktion und metaanalytische Berechnungen noch nicht abgeschlossen. Die Ergebnisse sollen auf dem Kongress präsentiert werden.
Diskussion
Das systematische Review und die Metaanalyse fassen auf befriedigender Datengrundlage den gegenwärtigen Kenntnisstand zu Wirksamkeit und Verträglichkeit von Baclofen in Normal- und Hochdosis zusammen und liefern damit die aktuellste und systematischste Grundlage zur Bewertung von Baclofen in dieser Indikation und zur Ermittlung des weiteren Forschungsbedarfs.
Literatur
1. Jonas et al. JAMA 2014;311:1889-1900
2. Bschor T. Sucht Aktuell 2015;2:7-11
3. Müller CA et al. Eur Neuropsychopharmacol 2015;25:1167-1177
4. Reynaud et al. Alcohol Alcohol 2017;52:439-446
5. Higgins J, Green S eds. Cochrane Handbook for Systematic Reviews of Interventions. Version 5.1.0, updated March 2011 ed: The Cochrane Collaboration; 2011
 
Prof. Dr. Tom Bschor
Schlosspark-Klinik Berlin, Abt. Psychiatrie
Heubnerweg 2
14059 Berlin
T 030 3264 1552/3
E bschor@mailbox.tu-dresden.de

SY07.1 − Proopiomelanocortin bei Alkohol- und Nikotinabhängigkeit
Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA) steht seit Jahren im Fokus der Forschung zu Abhängigkeitserkrankungen. Dabei kommt dem zentralen Poly-Peptid der HPA-Achse, Proopiomelanocortin (POMC), beziehungsweise seinen Abkömmlingen, mit deren vielfältigen Funktionen, eine besondere Bedeutung zu. In aktuellen Arbeiten untersuchten wir das Proopiomelanocortin respektive sein Derivat, Alpha-MSH, sowohl in einem Nagermodell für Alkoholabhängigkeit als Nichtrauchern. Dabei nutzten wir die Technik der direkten auch in einem Raucher-Kollektiv und gesunden Bisulfit-Sequenzieren zur Analyse der DNA-Methylierung des POMC-Gens sowie die ELISA-Technik zur Bestimmung der Alpha-MSH-Proteinspiegel. In unserem Tiermodell für Alkoholabhängigkeit konnte gezeigt werden, dass Alpha-MSH Veränderungen im Alkohol-Entzug zeigt, die auf einen funktionellen Zusammenhang hindeuten. Auch das POMC-Gen selbst zeigt sich bei den untersuchten Rauchern verglichen mit Nichtrauchern verändert und scheint einer epigenetischen Regulation durch DNA-Methylierung zu unterliegen.
Welche Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Abhängigkeitserkrankungen und dem HPA-Netzwerk zu Grunde liegen, müssen weitere Studien zeigen.
 
Dr. Marc Muschler
Medizinische Hochschule Hannover, Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie
Carl-Neuberg-Str. 1
30625 Hannover
T 0511-5326615
E muschler.marc@mh-hannover.de

SY07.2 − Epigenetische Regulation appetitregulierender Peptide während des Tabakentzuges
Vorausgegangene Studien konnten einen Zusammenhang zwischen Leptin im Serum und Craving während des Tabakentzuges aufzeigen. Da die Leptinexpression u.a. über epigenetische Mechanismen wie die DNA-Methylierung reguliert wird, war das Ziel dieser Studie die Untersuchung der Leptin-Gen-Promotor Region bei Patientinnen und Patienten mit einer Tabakabhängigkeit während des Entzuges.
Bei weiblichen Rauchern zeigte sich eine Hypermethylierung im Bereich des CpG28, einer Region in welcher der Transkriptionsfaktor c/EBPalpha eine bedeutende Rolle für die Initiierung der Transkription spielt. Zudem zeigte sich ein Zusammenhang zwischen der globalen Methylierung sowie Craving und dem Grad der Abhängigkeit bei Raucherinnen. Die Serumwerte der Raucherinnen zeigten sich im Vergleich zu Nichtrauchern signifikant erhöht.
Die Ergebnisse bestätigen vorausgegangene Erkenntnisse und weisen erstmalig auf eine gestörte Regulation der Methylierung bei Rauchern hin.
 
Dr. Alexander Glahn
Medizinische Hochschule Hannover
Carl- Neuberg Str. 1
30635 Hannover
T 017615326561
E glahn.alexander@mh-hannover.de

SY07.3 − Kann eine forcierte Volumenaufnahme das Alkoholcraving bei alkoholabhängigen Patienten reduzieren? Ergebnisse einer randomisierten klinischen Studie
Hintergrund:
Frühere präklinische und klinische Studien konnten zeigen, dass das appetitregulierende Peptid Ghrelin eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie von alkoholbezogenen Störungen spielt. So erhöht die Gabe von Ghrelin im Tierexperiment die Selbstadministration von Alkohol. In
 Humanstudien waren hohe Ghrelinspiegel mit einem erhöhten Alkoholcraving verbunden. Die Sekretion des appetitsteigernden Hormons Ghrelin wird durch eine Magendehnung reduziert.
Wir haben in dieser Studie untersucht, ob der im klinischen Alltag häufig beobachtete Effekt, dass eine forcierte Volumenaufnahme das Alkoholverlangen bei alkoholabhängigen Patienten reduziert über Veränderungen in dem Plasmaspiegel des appetitregulierenden Peptids Ghrelin gesteuert wird.
Methoden:
In dieser randomisierten klinischen Studie wurden 23 männliche alkoholabhängige Patienten in der frühen Abstinenz während ihrer Entzugsbehandlung untersucht. Alle Patienten nahmen dabei an einer Alkoholexposition mit ihrem Lieblingsgetränk teil. Die Patienten der Interventionsgruppe tranken im Anschluss 1000 ml Mineralwasser innerhalb von 10 Minuten. Während die Patienten der Kontrollgruppe während der gesamten Untersuchungszeit keine Flüssigkeit zu sich nehmen durften.   Alkoholcraving und die Plasmakonzentration von acetyliertem Ghrelin wurden zu mehreren Messzeitpunkten während der ersten 120 Minuten nach der Alkoholexposition gemessen.
Ergebnisse:
In der Interventionsgruppe konnten wir eine signifikante Reduktion der  Plasmakonzentration des acetylierten Ghrelins finden. Diese Abnahme der Ghrelinplasmakonzentration korrelierte mit der Reduktion des subjektiven Cravings der Patienten. In der Kontrollgruppe fanden wir keine Reduktion des Plasmaspiegels von acetyliertem Ghrelin und keine Korrelation zwischen dem Alkoholcraving der Patienten und den Veränderungen der Plasmaspiegel von acetyliertem Ghrelin. 
Schlussfolgerungen:
Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die Effekte einer forcierten Volumenaufnahme auf das Craving von alkoholabhängigen Patienten über Veränderungen im Ghrelinsystem moduliert werden. Neben pharmakologischen Interventionen mit Ghrelinantagonisten stellt also auch die Reduktion des physiologischen Ghrelinspiegels einen interessanten Angriffspunkt für die Entwicklung von neuen Behandlungsstrategien in der Therapie der Alkoholabhängigkeit dar.
 
Dr. Anne Koopmann
Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J5
68159 Mannheim
T 0621/17033551
E anne.koopmann@zi-mannheim.de

SY07.4 − Aktuelle Befunde zur neurobiologischen Basis der Zusammenhänge zwischen dem appetitregulierenden Hormon Ghrelin, reizinduzierter Gehirnaktivität und Alkoholverlangen bei alkoholabhängigen Patienten
Hintergrund:
Aktuelle Studien weisen auf einen Zusammenhang zwischen Plasmaspiegeln des Peptides Ghrelin, welches in die Appetitregulation eingebunden ist, und abhängigkeitsrelevantem Verhalten hin. So konnte ein Zusammenhang zwischen der Höhe der Ghrelinspiegeln und Alkoholverlangen aufgezeigt werden. Allerdings fehlen bisher Erkenntnisse zu den neurobiologischen Grundlagen dieses Zusammenhanges. Die hier dargestellte Studie untersuchte zur Beantwortung der Frage eine Kohorte alkoholabhängiger Patienten. Es erfolgte die Messung der acetylierten und totalen Ghrelinspiegel sowie eine fMRT-basierte Messung der Alkohol-Reizreaktivität und die Erfassung des Alkoholverlangens.
Methodik:
Insgesamt 41 abstinente alkoholabhängige Patienten wurden mit Hilfe eines fMRT-basierten Alkohol-Reizreaktivitäts-Paradigmas untersucht und Ghrelin-Plasmaspiegel wurden bestimmt. Zudem wurde das Alkoholverlangen der Patienten mittels Fragebogen erfasst. Die Zusammenhänge zwischen Ghrelinspiegeln, neuraler Reizreaktivität und Alkoholverlangen wurden mittels korrelativer Analysen und Mediationsanalysen untersucht.
Ergebnisse:
Es zeigte sich eine positive Korrelation zwischen berichtetem Alkoholverlangen und der Höhe der acetylierten Ghrelinfraktion. Zudem zeigte die neurale Reizreaktivität in Bereichen des mesolimbischen Systems eine positive Korrelation mit der Höhe der Plasmaspiegel für acetyliertes Ghrelin. Signifikante positive Korrelationen fanden sich unter anderem mit der Reizreaktivität im rechten und linken ventralen Striatum. Mediationsanalysen wiesen zudem darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen Alkoholverlangen und Ghrelin über die Modulation der mesolimbischen Reizreaktivität im ventralen Striatum mediiert wird.
Schlussfolgerung:
Der Befund, dass acetyliertes Ghrelin die mesolimibische Reizreaktivität moduliert und dadurch Alkoholverlangen zu beeinflussen scheint, betont die Rolle der appetitregulierenden Hormone im Rahmen der Pathophysiologie von Abhängigkeitserkrankungen. Zudem legen die Befunde nahe, dass die Beeinflussung dieser Hormone ein potentielles Behandlungsziel zur Reduktion des reizinduzierten Alkoholverlangens darstellen könnte.
 
Dr. Patrick Bach
ZI Mannheim
Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin
J5
68159 Mannheim
T 0621-1703-3888
E patrick.bach@zi-mannheim.de

SY09.1 − Die Wahrnehmung sprachbegleitender Gesten bei Patienten mit Aphasie
Eine Aphasie (auch zentrale Sprachstörung) tritt meist in Folge eines Schlaganfalls auf. Bei den betroffenen Patienten ist meist sowohl die Wahrnehmung als auch die Produktion von Sprache eingeschränkt. Weshalb sich die Frage aufdrängt, ob die Wahrnehmung von sprachbezogener Gestik bei diesen Patienten das Sprachverständnis erleichtert. Da sich die Hirnareale für die Wahrnehmung von Sprache und für die Integration von sprachbegleitender Gestik teilweise überlappen, wäre es auch denkbar, dass bei Aphasie-Patienten die Gestikwahrnehmung ebenfalls beeinträchtigt ist. Diese Fragestellung haben wir in mehreren Studien mittels Augenbewegungsmessung untersucht. Wir sind dabei der Frage nachgegangen, wie Patienten mit Aphasie Gestik wahrnehmen bzw. ob sie Gestik mehr oder weniger Beachtung schenken als gesunde Probanden, und ob dies möglicherweise mit dem Sprachverständnis korreliert. Insgesamt lässt sich festhalten, dass bei den von uns untersuchten Patienten die Wahrnehmung von Gestik weitgehend intakt war. Dies zeigt sich unter anderem darin, dass sowohl gesunde Probanden, wie auch Aphasie-Patienten bedeutsame Gestik mehr beachten als sinnlose Gesten. Allgemein neigten Aphasie-Patienten dazu, etwas häufiger auf die Gestik zu schauen als gesunde Probanden, dies war jedoch nicht in allen Untersuchungen statistisch signifikant. Obwohl die Gestikwahrnehmung nicht beeinträchtigt war, zeigte sich, dass Patienten Mühe haben mit dem Empfangen kommunikativer Information wie bspw. dem Erkennen von Sprecherwechseln. Wir haben diesbezüglich herausgefunden, dass es bei Aphasie-Patienten einen Zusammenhang gibt zwischen der Komplexität der empfangenen Information und der Fähigkeit Sprecherwechsel zu erkennen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Patienten im Alltag oft den richtigen Zeitpunkt verpassen, um selbst etwas zum Gespräch beizutragen.
 
Dr. Basil Preisig
Donders Institute for Brain, Cognition and Behaviour
Kapttelweg 29
6525 EN Nijmegen
T 00 31 (0) 24-3610985
E b.preisig@donders.ru.nl

SY09.2 − Das emotionale Spiegelneuronensystem, gruppenspezifische  Emotionsverarbeitung und das Risiko für Schizophrenie
Das ventrale anteriore Cingulum (vACC) zeigt Aktivierung sowohl für die Wahrnehmung als auch für die Produktion von Emotionen und ist somit Teil des emotionalen Spiegelneuronsystems. Gleichzeitig ist das vACC ein zentraler Knotenpunkt für emotionsregulative Prozesse und weist sowohl bei Patienten mit Schizophrenie als auch bei Menschen, die belastet sind durch genetische und Umweltrisikofaktoren für Schizophrenie, strukturelle und/oder funktionelle Veränderungen auf. Migrationserfahrungen und Urbanizität stellen Risikofaktoren für Schizophrenie dar. Ein extensiver Kontakt zu Mitgliedern von als fremd erlebten Gruppen (Outgroup) wird als zugrundeliegender pathogener Stressor diskutiert. Dieses Risiko wird mutmaßlich moduliert durch das Vorliegen genetischer und Umweltrisikofaktoren für Schizophrenie wie z.B. des Risiko(A)-Allel des Single Nucleotid Polymorphismus (SNP) rs1006737 des CACNA1C-Gens und interpersonellem Kindheitstrauma. Wir untersuchten die Aktivierung im vACC während der Wahrnehmung von aggressiven und freundlichen Gesichtsausdrücken von Ingroup- und Outgroupmitgliedern. Die Hirnaktivierung hierbei wurde in Zusammenhang gesetzt mit rs1006737 und interpersonellem Kindheitstrauma. Zu diesem Zweck durchliefen 178 Probanden ein Minimal-Group-Paradigm, wodurch adhoc eine Gruppenzugehörigkeit (Ingroup vs. Outgroup) gebildet wurde. Anschließend beobachteten die Probanden als Teil eines fMRT-Paradigmas aggressive und freundliche Gesichtsausdrücke von Ingroup- und Outgroupmitgliedern. Es zeigte sich eine verminderte Sensitivität in der vACC-Aktivierung für emotionale Gesichtsausdrücke der Outgroup im Vergleich zur Ingroup. Spezifisch für die Wahrnehmung von aggressiven Gesichtsausdrücken der Outgroup zeigte sich eine Gen-Umweltinteraktion zwischen rs1006737 und interpersonellem Kindheitstrauma. Wir spekulieren, dass durch genetische und Umweltrisikofaktoren für Schizophrenie eine veränderte Funktion des emotionalen Spiegelneuronsystems herbeigeführt wird, welche im Falle von Migrationserfahrung oder dem Aufwachsen in einer Großstadt durch die Konfrontation mit Outgroupmitgliedern einen Beitrag zum erhöhten Schizophrenierisiko dieser Gruppen darstellt.
 
Dr. Johannes Krautheim
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Philipps-Universität Marburg
Rudolf-Bultmann-Strasse 8
35039 Marburg
T 064215865200
E johannes.krautheim@med.uni-marburg.de

SY09.3 − Die neuralen Korrelaten natürlicher sozial-kommunikativer Wahrnehmungsprozesse bei Schizophrenie und Depression
Patienten mit psychischen Erkrankungen leiden unter Kommunikationsstörungen, bei denen multimodal-semantische und soziale Aspekte betroffen sind. Die Störungsspezifität der neuralen Grundlagen dieser Dysfunktionen wurde bisher kaum erforscht. Aus diesem Grund war das Ziel dieser Studie die störungsspezifischen und störungsübergreifenden neuralen Korrelate der natürlichen sozialen Kommunikation bei Patienten mit Schizophrenie und Depression zu untersuchen.
Dazu wurden 3 fMRT-Experimente eingesetzt, die folgende Verarbeitungsebenen umfassen: 1) Das Verstehen nonverbaler Informationen, 2) das Erkennen sozial-affektiver Inhalte und 3) das Deuten sozialer Hinweisreize. In allen Teilexperimenten wurden experimentell kontrol-lierte Videoclips eingesetzt, in denen ein Schauspieler spricht und gestikuliert. Die Aufgabe ist jeweils zu entscheiden ob 1) die Gestik zur Sprache passt (Verstehen), 2) die Sprache/Gestik sich auf Personen oder Objekte bezieht (Erkennen) oder 3) die Äußerung als adressierend wahrgenommen wurde (Deuten). Videos variierten in folgenden Faktoren 1) Abstraktheit der Sätze (konkrete/abstrakt), 2) Satzinhalt (objekt-/personen-relatiert), 3) semantisch Relatiertheit von Sprache und Gestik (related/unrelated) und 4) Ausrichtung des Schauspielers (frontal/lateral).
Auf Verhaltensebene zeigte dich eine generelle reduzierte Leistung beim Verstehen von Sprache und Gestik bei Patienten mit Schizophrenie, während beim Erkennen keine Gruppenunterschiede nachweisbar waren. Beim Deuten zeigte sich ein Trend für eine Gestik x Gruppen Interaktion, die darauf hinweist, dass gesunde Probanden stärker auf Gestik als adressierenden Hinweisreiz achten als Patienten. Die vorläufigen fMRT Ergebnisse weisen darauf hin, dass es sowohl Gemeinsamkeiten zwischen Patienten mit Schizophrenie und Depression gibt (z.B. reduzierte Aktivierung im Vergleich zu gesunden Probanden in temporalen Arealen beim Erkennen und Deuten), als auch Unterschiede (z.B. in der Insula und temporalen Regionen für das Erkennen und Deuten als auch im ACC, Hippocampus und Motorkortex für das Verstehen).
Diese ersten Ergebnisse stellen einen wichtigen Schritt für die transdiagnostische Betrachtung sozial-kommunikativer Funktionen dar. Diese Befunde werden bezüglich möglicher Interventionen (z.B. Gestik-Training oder tDCS) zur Kompensation sozial-kommunikativer Dysfunktionen  diskutiert.
 
Prof. Dr. Benjamin Straube
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Philipps-Universität Marburg
Rudolf-Bultmann Str. 8
35039 Marburg
T 06421-58-66429
E straubeb@staff.uni-marburg.de

SY09.4 − Gestörte Gestenproduktion im Schizophreniespektrum: Prognose, klinische Bedeutung und neuronale Korrelate
Störungen der nonverbalen Kommunikation tragen massgeblich zu Defiziten der sozialen Kognition bei Erkrankungen des Schizophreniespektrums bei. Die Ausführung von Handgesten ist dabei wichtiger Bestandteil nonverbaler Kommunikation. Ca. 50% der Schizophreniekranken begehen schwere Fehler beim Gestentest und ähneln dabei Patienten mit Apraxie. In einer Studie mit 46 Patienten und 44 Kontrollpersonen untersuchten wir Handgesten im Kontext nonverbaler Kommunikation, deren neuronale Korrelate mittels funktioneller und struktureller MRT, sowie die Vorhersagekraft gestörter Gestenproduktion für den Krankheitsverlauf. Auf Verhaltensebene bestätigten wir unsere früheren Arbeiten mit einer Prävalenz schwerer Gestenstörungen bei Schizophrenie von 50%. Diese Beeinträchtigungen waren Teil einer generalisierten Störung der nonverbalen Kommunikation und assoziiert mit Frontalhirnfunktionen sowie motorischen Auffälligkeiten. Patienten mit Gestikstörungen hatten im 6 Monatsverlauf mehr Negativsymptomatik und schlechteres soziales Funktionsniveau als Patienten mit intakter Gestik. Strukturell hatten Patienten mit Gestendefiziten reduzierte kortikale Dicke und verminderte regionale Hirnvolumina im Praxisnetzwerk. Funktionell aktivierten Patienten dieses Netzwerk weniger stark als Kontrollen während der Planung von Gesten, was wiederum mit schlechterer Gestendurchführung vergesellschaftet war.
Diese Befunde zeigen, dass Störungen der Gestenproduktion bei Schizophrenie klinisch hoch relevant sind und eine Gruppe von Patienten betreffen, die strukturelle und funktionelle Auffälligkeiten im Praxisnetzwerk aufweisen. Die Ergebnisse stimulieren gezielte Interventionsstudien zur Verbesserung von Gestik im Kontext nonverbaler Kommunikation.
 
Prof. Dr. Sebastian Walther
Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Murtenstrasse 21
3008 Bern
T +41 31 6328979
E sebastian.walther@upd.unibe.ch

SY10.1 − Der Einfluss pharmakokinetischer Parameter im Laufe des Lebens am Beispiel des Rauchstatus und der Komedikation
Pharmakokinetische Parameter stellen nicht nur in der Psychiatrie einen relevanten Einflussfaktor für Erfolg oder Misserfolg einer Arzneimittelbehandlung dar. Allerdings werden pharmakokinetische Aspekte in der Behandlung mit (Psycho-)Pharmaka kaum berücksichtigt und bei der Eindosierung von Arzneimittel werden pharmakokinetisch relevante Parameter wie Alter, Körpergewicht, Komorbiditäten, Rauchstatus und Komedikation bei der Therapieentscheidung genauso wie beim Monitoring einer laufenden Therapie häufig vernachlässigt. Betont werden muss vor allem auch, dass der Arzneimittelmetabolismus im Laufe des Lebens Veränderungen unterliegt. Umso wichtiger ist es, den Einfluss der einzelnen pharmakokinetischen Faktoren zu kennen und insbesondere vor dem Hintergrund zu berücksichtigen, dass Patienten immer älter und Komorbiditäten häufiger werden und somit auch die Komedikation immer komplexer wird. Während der Rauchstatus als kardiovaskulärer Risikoparameter regelmäßig erhoben wird, spielt er bisher in der Berücksichtigung als Einflussfaktor im Arzneimittelmetabolismus allenfalls eine untergeordnete Rolle. Durch Einbezug der genannten pharmakokinetischen Parameter, die im Laufe des Lebens Änderungen unterworfen sind, lässt sich eine Arzneimittelbehandlung nicht nur sicherer, sondern auch effektiver gestalten.
 
PD Dr. Stefan Unterecker
Zentrum für Psychische Gesundheit
Margarete-Höppel-Platz 1
97080 Würzburg
T 0931/201-76399
E Unterecker_S@ukw.de

SY10.2 − Psychopharmakotherapie in Schwangerschaft und Stillzeit – Risikobewertung mithilfe von Therapeutischem Drug Monitoring (TDM)
Einleitung: Die Gabe eines Psychopharmakons während einer bestehenden Schwangerschaft oder in der Stillzeit wird stets ein sorgfältiges Abwägen zwischen der Exposition des Kindes auf der einen und dem Risiko des Rezidivs der psychischen Erkrankung der Mutter nach dem Absetzen der Medikation auf der anderen Seite beinhalten. Mit einer in der Schwangerschaft durchgeführten Psychopharmakotherapie verbundene Problemkomplexe sind: Teratogenität (z. B. strukturelle Malformationen), direkte toxische Wirkungen auf den Fetus (z. B. intrauterine Wachstumsretardierung), Perinatalsyndrome (z. B. Frühgeburtlichkeit, Adaptationsschwierigkeiten) und neurobehaviorale Auswirkungen (z. B. postnatale Entwicklungs- und Verhaltensstörungen).
Methode: Im Rahmen einer nichtinterventionellen Beobachtungsstudie wurde bei schwangeren Frauen, die eine Psychopharmakotherapie erhielten, im Rahmen der Geburt, d.h. peri- / postpartal, Fruchtwasser, mütterliches Serum und kindliches Nabelschnurblut gewonnen. Mithilfe von Therapeutischem Drug Monitoring (TDM) wurden die Psychopharmakakonzentrationen in den unterschiedlichen Flüssigkeiten inklusive Muttermilch bestimmt. Hierdurch war es möglich, die Penetrationsindices in das Fruchtwasser, in das kindliche Serum und in die Muttermilch zu bestimmen.
Ergebnisse: Bislang konnten Ergebnisse zu Lamotrigin, Quetiapin, Sertralin und Citalopram (Paulzen et al. 2015, Paulzen et al. 2017a, Paulzen et al. 2017b, Paulzen et al. 2017c) in ausreichender Gruppengröße publiziert werden. Es zeigt sich, dass das intrauterine Wachstum stets in einer Umgebung relevanter Psychopharmakakonzentrationen stattfindet, wobei auch das Fruchtwasser nachweisbare Wirkstoffkonzentrationen aufwies. Die Penetrationsindices variieren hierbei deutlich voneinander.
Fazit: Die hier gewonnenen Erkenntnisse sollen die klinische Tätigkeit unterstützen, sie sollen Entscheidungsunterstützungen liefern, um bei der Behandlung schwangerer Patientinnen die kindliche Exposition und das hiermit verbundene Risiko weiter zu reduzieren.
 
PD Dr. Michael Paulzen
Alexianer Krankenhaus Aachen
Alexianergraben 33
52062 Aachen
T 0241-4770115131
E m.paulzen@alexianer.de

SY10.3 − Adipositas und Psychopharmakologie - Welchen Einfluss hat das Gewicht auf die Pharmakokinetik?
Obwohl Übergewicht weltweit als grösste Pandemie unserer Zeit gilt, sucht man zumeist vergebens nach Empfehlungen für Dosisanpassungen bei adipösen Patienten in der Psychopharmakologie. Dabei stellt die Behandlung von adipösen Patienten, neben den häufigeren metabolischen Komplikationen, auch pharmakokinetisch eine besondere Herausforderung dar. Zwar beruhen Dosisalgorithmen auf populationspharmakokinetischen Modellen, welche jedoch meist für Kovariaten - inklusive Gewicht – normalisiert werden. Erschwerend kommt hinzu, dass diverse Konstitutionsparameter wie beispielsweise Gewicht, Body Mass Index (BMI), aber auch Körperverteilungsvolumina zum Vergleich herangezogen werden können. Auch plötzliche Gewichtsveränderungen, wie sie beispielsweise durch bariatrische Operationen hervorgerufen werden, können einen entscheidenden Einfluss auf Medikamentendistribution und Wirksamkeit haben. Sowohl für Antidepressiva, als auch für Antipsychotika ist die Datenlage inkonsistent, obwohl Studien aus mehreren Jahrzenten vorliegen.
Anhand mehrerer Beispiele mit pharmakokinetischem Fokus aus sehr unterschiedlichen Bereichen der Psychiatrie soll die Wichtigkeit individualisierter, gewichtsbezogener Dosisanpassungen mittels Therapeutic Drug Monitoring (TDM) in der Psychopharmakotherapie hervorgehoben werden.
 
Dr. Georgios Schoretsanitis
Universitätsklinik für Psychiatrie u. Psychotherapie
Murtenstrasse 21
3008 Bern
T +41788041799
E george.schor@gmail.com

SY10.4 − Pharmakokinetische Aspekte in der Psychopharmakotherapie beim älteren Menschen
Es gibt zahlreiche pharmakokinetische Veränderungen im Alter, weshalb eine Dosisanpassung von Medikamenten mit zunehmenden Alter notwendig ist. Eine Abnahme des hepatischen Blutflusses und der Leberfunktion kann die hepatische Clearance (Phase-I-Metabolismus) von Psychopharmaka senken, der Phase-II Metabolismus scheint nicht klinisch relevant verändert. Eine Abnahme des renalen Blutflusses führt zu einer verminderten Elimination von Psychopharmaka, die bevorzugt über die Niere ausgeschieden werden. Ein Anstieg der Permeabilität der Blut-Hirn Schranke, eine Abnahme der Aktivität des Effluxtransporters P-Glykoprotein, eine Reduktion des Körperwasser- und ein Anstieg des Körperfettanteils können ebenfalls dazu führen, dass das Gehirn und andere Organe eines alten Patienten höheren Medikamentendosen ausgesetzt sein kann als die eines jungen. Auch Faktoren wie Multimorbidität, Polypharmazie, Adhärenzprobleme und Gebrechlichkeit sind bei Alterspatienten zu beachten, da diese die Serumkonzentration von Psychopharmaka beeinflussen können. Zusammengenommen ergibt sich aus diesen verschiedenen Faktoren ein komplexer pharmakokinetischer Phänotyp mit hoher interindividueller Variabilität, was sich in hoch variablen Serumkonzentrationen der Psychopharmaka in der Patientengruppe ≥65 Jahre abbildet. Für viele Psychopharmaka ist folglich eine niedrigere Dosis ausreichend, um bei Alterspatienten den gleichen Wirkspiegel im Blut zu erreichen wie bei jüngeren Patienten. Bei genereller Anwendung des Dictums „start low, go slow“ besteht allerdings das Risiko einer Unterdosierung und damit von Therapieversagen. Es sollte daher nicht immer eine Niedrigdosierung aufgrund des Alters gewählt, sondern möglichst immer individuell dosiert werden. Am besten sollte die pharmakokinetische Varianz durch therapeutisches Drug Monitoring (TDM), d. h. Messung der Medikamentenspiegel im Blut kontrolliert werden. TDM wird bei der Behandlung von Alterspatienten mit Psychopharmaka in den TDM-Leitlinien von der Arbeitsgemeinschaft für Neuropsychopharmakologie und Pharmakopsychiatrie unbedingt empfohlen. Ziel von TDM ist es, die Effektivität und Sicherheit der Pharmakotherapie zu verbessern. Mit TDM können pharmakokinetische Auffälligkeiten erkannt werden und die Dosierung gesteuert werden.
 
Dr. Gudrun Hefner
Vitos Klinik Hochtaunus
Emil-Sioli-Weg 1-3
61081 Friedrichsdorf
T +49 (0)6123/6027686
E Gudrun.Hefner@vitos-rheingau.de

SY11.1 − Automatisierte Qualitätssicherung multizentrischer Magnetresonanztomographie Studien
Große, longitudinale, multizentrische Magnetresonanztomographie (MRT) Studien benötigen ausgefeilte Protokolle zur Qualitätssicherung (QS), um die generelle Qualität der Daten, mögliche MRT-Scanner-Fehlfunktionen und zentrumsinterne (Daten-) Differenzen für die nachfolgende Analyse festzustellen. Moderne MRT-Scanner zeigen im Allgemeinen zwar eine vertretbare technische Qualität (z.B. Signal-zu-Rausch Verhältnis, minimales Ghosting) sowie einen guten Bildkontrast zwischen verschiedenen Gebewebeschichten. Diese Bildeigenschaften können sich jedoch insbesondere bei funktioneller MRT-Bildgebung (fMRT) über den Verlauf einer Studie erheblich  ändern. Daher ist ein Hauptaugenmerk der QS für MRT-Scanner die Stabilität des MRT-Signals. Um diese Stabilität zu prüfen werden MRT-Phantome genutzt (z.B. ACR-Phantom, Gel-Phantom). Die QS durch diese Phantommessungen kann dabei studienspezifisch oder standortspezifisch erfolgen. Beide Ansätze werden in diesem Vortrag näher thematisiert. Die multizentrische (MRT-) Studie MACS (Marburg-Münster Affective Disorders Cohort Study, www.for2107.de) wird dabei als studienspezifische QS vorgestellt, in der personenbezogene Gel-Phantommessungen erhoben wurden. Für die Datenerhebung wurde, aufgrund des inhaltlichen Fokus der Studie, eine fMRT-Sequenz genutzt, die am repräsentativsten alle verwendeten fMRT-Sequenzen der Studie abdeckt [Friedman und Glover 2006], um das fMRT-Signal, und somit auch den MRT-Scanner, auf Stabilität zu testen. Die Auswertungsroutine für das FBIRN Gel-Phantom von Friedman und Glover [2006] wurde um weitere Parameter ([Simmons et al. 1999, Stöcker et al. 2005]) erweitert und auf das verwendete Gel-Phantom angepasst. In diesem Vortrag werden die Ergebnisse der QS-Auswertung von ca. 1000 Gel-Phantomdatensätzen, die für die Bewertung der MRT-Scannerstabilität aufgenommen wurden, präsentiert. Für eine standortspezifische QS ist neben der Stabilität des Signals auch die räumliche Auflösung (für strukturelle Messungen) wichtig. Exemplarisch werden in dem Vortrag die QS-Maßnahmen des Forschungs-MRTs Marburg präsentiert. Um beide Aspekte abzudecken wurde in dem QS-Protokoll neben dem Gel-Phantom auch das ACR-Phantom anhand der Vorgaben gemessen. Um die automatisierte Auswertung für beide Phantome zu realisieren, wurde eine virtuelle Maschine entwickelt, die automatisiert die Daten verarbeitet und auf ihre Qualität testet. Die Ergebnisse werden benutzerfreundlich und leicht zugänglich aufbereitet und dargestellt.
 
Christoph Vogelbacher
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Rudolf-Bultmann-Straße 8
35039 Marburg
T +49 (0)6421 / 58 - 63913
E vogelbac@staff.uni-marburg.de

SY11.2 − Automatisierte Qualitätssicherung für Einzelfälle und in multizentrischen Studien
Qualitätssicherung (QS) in der Bildgebung erfolgt noch meist durch visuelle Inspektion. Dies ist häufig noch der Goldstandard, da ein geübter Experte eine Reihe von unterschiedlichen technischen Problemen, Protokollabweichungen und Artefakten vor dem Hintergrund variabler Anatomie und Physiologie erkennen und beurteilen kann. Bei hohen Auflösungen, speziellen Kontrasten und multidimensionalen Abbildungen (fMRI, Diffusionsbildgebung etc.) stoßen die Fähigkeiten an Grenzen und für multizentrische Studien ist es schwierig konsistente Kriterien zu erhalten.  Automatisierte oder wenigstens formalisierte QS ist bei fMRI inzwischen etabliert, zumindest bezüglich des zeitlichen Signalverhaltens. Für anatomische und Diffusionsbildgebung sind die Möglichkeiten begrenzter. Wir stellen ein Machine-Learning-Verfahren vor, dass durch Deep-Learning mit neuralen Konvolutionsnetzen hochauflösende strukturelle Aufnahmen in der Qualität bewerten kann.  Dies kann unmittelbar zur Erfolgskontrolle beim Messen ohne fachkundigen Radiologen eingesetzt werden, aber auch in umfangreichen Datensätzen Artefakte kategorisieren und Qualitätsparameter einführen. In multizentrische Studien, sind automatisierte QA-Mechanismen implementiert und werden exemplarisch an dem Psychiatric Imaging Network Germany (PING) vorgestellt.
 
Prof. Dr. Klaus Mathiak
RWTH Aachen University
Pauwelsstr. 30
52074 Aachen
T 0241 80 80523
E kmathiak@ukaachen.de

SY11.4 − Entscheidungshilfen zur Parameterwahl in der MR Bildgebung
Bevor ein Bildgebungsprojekt beginnen kann, müssen vielfältige Entscheidungen bezüglich des experimentellen Paradigmas aber auch der Datenerhebung getroffen werden. Von herausragender Bedeutung sind dabei Bildgebungsparameter wie time to repeat (TR), Echozeit (TE), räumliche Auflösung (d.h. field of view FOV, Matrixgrösse), räumliche Abdeckung (Anzahl der Schichten) und Pixel-Bandbreite. All diese Parameter haben Einfluss auf das Signal-Rausch-Verhältnis (SNR) und somit letztendlich auf die statistische Sensitivität. Außerdem können diese Parameter sich gegenseitig bedingen. Zum Beispiel muss man oft Kompromisse zwischen der Anzahl der Schichten und der zeitlichen Auflösung (TR) machen. Neuere Verfahren der Parallelbildgebung (GRAPPA, SENSE, Multiband) erlauben zwar höhere räumliche und zeitliche Auflösungen, jedoch resultiert daraus u.a. ein geringeres SNR. Hier kann es sich lohnen, vor dem Aufsetzen einer größeren Studie, insbesondere von multizentrischen Studien, solche Verluste zu quantifizieren und Probleme zu identifizieren, um eine optimale Parameterwahl zu treffen. In diesem Beitrag werden ein Workflow und beispielhafte Ergebnisse vorgestellt, wie man sich basierend auf dem häufig angewendeten Qualitätssicherungsverfahren von Friedman & Glover (2006) zwischen verschiedenen Methoden der parallelen Bildgebung entscheiden kann.
 
Prof. Dr. Jens Schwarzbach
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität RegenUniversität Regensburg
Universitätsstraße 84
D-93053 Regensburg
T +49 941 941 1075
E Jens.Schwarzbach@klinik.uni-regensburg.de

SY12.1 − Assoziation zwischen Zytokinkonzentrationen im Serum und Symptomen, Persönlichkeitseigenschaften und neurophysiologischen Veränderungen bei depressiven Erkrankungen
Patienten mit depressiven Erkrankungen zeigen Hinweise auf eine gestörte Stressregulation, die sich in der psychiatrischen Symptomatik, pro-inflammatorischen Signalkaskaden, einer erhöhten Aktivität des sympathischen Nervensystems und in einer hochregulierten zentralnervösen Arousalregulation ausdrückt. Untersuchungen zu den Zusammenhängen zwischen Mediatoren des Immunsystems, der Symptomatik sowie Parametern des autonomen (ANS) und des zentralen Nervensystem bei Patienten mit unipolarer Depression sollen vorgestellt werden.
Analysen zu den Assoziationen zwischen Zytokinen, der Depressivität (BDI-II) und dem Neurotizismus (NEO-FFI) als Ausdruck reduzierter Stresstoleranz ergaben einen Einfluss der Konzentrationen pro-und anti-inflammatorischer Zytokine (CRP, TNF-α, IL-4, IL-10) auf den Schweregrad depressiver Symptomatik. Die Serum-Zytokinkonzentrationen waren mit dem Ausmaß an Neurotizismus assoziiert und der Einfluss von Neurotizismus auf das Ausmaß der Depressivität  zeigte sich zum Teil durch TNF-α vermittelt. Analysen zur Assoziation zwischen verschiedenen Parametern der Herzratenvariabilität (HRV), deren Veränderungen bei depressiven Störungen als Ausdruck einer Dysregulation des ANS gewertet werden, und den Serumkonzentrationen von Liganden und Rezeptoren der TNF-Familie ergaben einen Zusammenhang löslicher TNF-Rezeptoren und den sympathischen und parasympathischen HRV-Markern bei gesunden Probanden, nicht jedoch depressiven Patienten. Das bei depressiven Patienten hochregulierte Brain Arousal, das sich mittels EEG-Vigilanzmessungen nachweisen lässt, zeigte eine Assoziation mit verschiedenen Mediatoren der TNF-Familie bei Depressiven und Nicht-depressiven Probanden.
Die vorliegenden Befunde geben Hinweise auf Zusammenhänge zwischen inflammatorischen Markern und dem Schweregrad depressiver Symptomatik sowie psychologischen und neurophysiologischen Parametern chronischen Stresses, die für die Assoziation zwischen Zytokinen und depressiven Störungen von Bedeutung sein könnten.
 
Dr. Frank Schmidt
Klinik und Poliklinik f. Psychiatrie, UK Leipzig
Semmelweisstr. 10
04103 Leipzig
T 0341/9724304
E f.schmidt@medizin.uni-leipzig.de

SY12.2 − Glukokortikoid-Rezeptor vermittelte Effekte auf inflammatorische Marker in depressiven Patienten
Eine veränderte Sensitivität des Glukokortikoid-Rezeptors (GR) bei Patienten mit Stress-assoziierten psychiatrischen Erkrankungen konnte wiederholt gezeigt werden. Neben dem Co-Chaperon FKBP5 wird die GR Sensitivität auch durch inflammatorische Mediatoren wie Zytokine maßgeblich beeinflusst. Zwar konnten  keine robust replizierbaren Ergebnisse in Baseline-Untersuchungen beobachten werden,  erst nach Stimulation des GRs – wie z.B. mit dem Dexamethason-Suppressions-Test (DST) oder dem Dexamethason-Corticotropin Releasing Hormone (dex-CRH) Test  - ließen sich replizierbare Veränderungen der GR Sensitivität nachweisen. Allerdings ist der klinische Nutzen dieser Tests durch eine nicht ausreichende Sensitivität und Spezifizität eingeschränkt. Eine Weiterentwicklung stellt die Analyse der Dexamethason-induzierten Genexpression dar.
Hierfür wird vor und 3 Stunden nach oraler 1,5 mg Dexamethason-Gabe Blut für mRNA, Cortisol und ACTH, Blutbild sowie Zytokine bei Patienten mit Depression abgenommen. Erste Befunde konnten eine GR Hyposensitivität bei depressiven Patienten, eine GR Hypersensitivität bei Probanden mit einem Burn-out Syndrom sowie Geschlechtsabhängige Effekte mit einer GR Hypersensitivität bei gesunden Frauen nachweisen. Zudem zeigten sich differentielle Unterschiede der Inflammasom-Kaskade mit IL-1b, Caspase und NLRP3.
Die ersten Befunde der Dexamethason-induzierten Genexpression konnten GR Sensitivitätsunterschiede sensitiver nachweisen als alleinige Hormonmessungen. Auch ermöglicht die Dexamethason-Stimulation eine differentielle Untersuchung der bidirektionalen Verbindung zwischen GR-Signaling und inflammatorischer Prozesse.
 
PD Dr. Andreas Menke
Universitätsklinikum Würzburg, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Margarete-Höppel-Platz 1
97080 Würzburg
T 0931-201-76590
E Menke_A@ukw.de

SY12.3 − Assoziation von Polymorphismen  in immunmodulatorischen Genen mit Antipsychotika-induzierter Gewichtszunahme
Einleitung: Gewichtszunahme (GWZ) ist eine häufige Nebenwirkung der meisten Antipsychotika, deren genauer Mechanismus noch nicht ausreichend erforscht ist. Neben anderen Einflüssen spielt das Immunsystem eine wichtige Rolle bei metabolischen Veränderungen unter Antipsychotika. Polymorphismen in für die Immunantwort relevanten Genen wurden in der Vergangenheit sowohl mit Adipositas als auch mit Schizophrenie assoziiert. Für die vorliegende Studie wurde daher ein Einfluss dieser Schizophrenie-Risikovarianten auf Antipsychotika-induzierte GWZ untersucht.
Methoden: Wir genotypisierten 42 Polymorphismen in für die Immunantwort relevanten Genen, die in genomweiten Studien mit Schizophrenie assoziiert waren, in einer Stichprobe von N=201 Schizophrenie-PatientInnen, die für bis zu sechs Monate mit verschiedenen Antipsychotika behandelt wurden. Die GWZ wurde in % der Änderung gegenüber dem Ausgangsgewicht gemessen. Die statistische Auswertung erfolgte mittels Kovarianzanalyse stratifiziert nach Ethnizität unter Einbeziehung von Medikation und Behandlungsdauer als Kovariablen.
Ergebnis: Bei afroamerikanischen PatientInnen war rs55661361 im Neurogranin-Gen (NRGN) signifikant mit GWZ assoziiert (p=0.008). Die  rs805294 und rs213230 Polymorphismen in der HLA-Region auf Chromosom 6 zeigten eine nominell signifikante Assoziation mit GWZ (p=0.033 bzw. 0.055). Bei PatientInnen europäischer Herkunft war  rs3873332 im Valyl-tRHNA-Synthethase-Gen (VARS2)  mit GWZ assoziiert (p=0.014); für rs9277341 und rs7746199 in der HLA-Region fand sich ebenfalls eine nominell signifikante Assoziation (p=0.036 bzw. 0.050).
Diskussion: Unsere Ergebnisse weisen auf eine Assoziation verschiedener für die Immunantwort relevanter Schizophrenie-Risikovarianten mit GWZ unter Antipsychotika hin. Das A-Allel von rs5561361 in NRGN, das sowohl in T-Zellen als auch in verschiedenen Gehirnarealen exprimiert wird, führt zu Hypomethylierung einer CpG-Bindungsstelle und war in unserer Studie mit höherer GWZ bei Afroamerikanern assoziiert. VARS2 kodiert für ein Enzym in Mitochondrien. Ein Einfluss von für die Mitochondrien-Funktion relevanten Polymorphismen auf GWZ unter Antipsychotika wurde auch in früheren Studien gefunden. Auch wenn eine weitere Untersuchung der genauen Mechanismen und eine Replikation der Ergebnisse erforderlich sind, unterstreicht unsere Studie die Bedeutung von immunmodulatorischen Varianten bei der  Antipsychotika-induzierten GWZ.
 
Dr. Eva Janina Brandl
Psychiatrische Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus
Große Hamburger Str. 5-11
10115 Berlin
T 030 23112120
E eva.brandl@charite.de

SY12.4 − Assoziation zwischen zerebraler Eergieversorgung, Stimmung und Nahrungsaufnahme
Die Sicherstellung einer ausreichenden Energieversorgung stellt eine Grundvoraussetzung für die Aufrechterhaltung der meisten physiologischen Prozesse in lebenden Organismen dar. Eine Störung innerhalb der Regulation des Energiestoffwechsels manifestiert sich durch zerebralen Energiemangel, welcher langfristig zur Entstehung von Adipositas, Diabetes mellitus Typ II und Depression führt. Welche Pathomechanismen die Entstehung dieser Regulationsstörung begünstigen, ist noch nicht abschließend geklärt. Da jedoch alle Erkrankungen, die mit einer Störung der Energiehomöostase einhergehen, per se mit einer Hyperaktivität des Stresssystems verbunden sind, könnte die chronische Aktivierung der Stressachsen eine entscheidende Rolle in diesem Kontext spielen. Es ist vorstellbar, dass die Stressachsenhyperaktivität über ein Deckeneffekt die Adjustierung der Energieabfrage von der Peripherie zum Gehirn stört und somit zur Entwicklung eines Circulus vitiosus beiträgt, bei dem der erniedrigte zerebrale Energiegehalt über die Potenzierung der Stressachsenaktivierung den zerebralen Energiemangel intensiviert. Sollte diese Annahme in den kommenden Jahren bestätigt werden, könnte die Anhebung des zentral-nervösen Energieniveaus den Schlüssel zur Behandlung von Adipositas, Depression und Diabetes mellitus typ II darstellen, da sie in der Lage ist, den Teufelskreis zu durchbrechen und somit die Behandlungseffektivität und Therapiedauer dieser Erkrankungen günstig zu beeinflussen. Der Vortrag fokussiert auf neurobiologische Folgen der Änderungen des zentral-nervösen Energiegehaltes sowie Möglichkeiten, den zerebralen Energiegehalt zu modulieren.
 
Prof. Dr. Kamila Jauch-Chara
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
ZIP gGmbH, Niemannsweg 147
24105 Kiel
T 043150098700
E kamila.jauch-chara@uksh.de

SY14.1 − Der Zusammenhang von frühkindlicher Traumatisierung, dem Oxytocin System, dem Bindungssystem und sozial emotionalen Funktionen: eine Mediations-Analyse
Frühkindliche Traumatisierung ist eng mit der mentalen Gesundheit sowie den sozial-emotionalen Funktionen einer Person assoziiert. So erkranken Personen, die emotionale Vernachlässigung in der Kindheit erlebt haben, im Laufe ihres Lebens häufiger an psychischen Störungen und berichten vermehrt von interaktionellen Schwierigkeiten als Personen, die keine frühkindliche emotionale Vernachlässigung erlebt haben. Mögliche Mediatoren, die den Zusammenhang zwischen frühkindlicher Traumatisierung und sozial-emotionalen Funktionen beeinflussen, könnten auf der einen Seite Oxytocin als biologischer Faktor und auf der anderen Seite der Bindungsstil einer Person - als psychologischer Faktor - sein. Im Rahmen der vorliegenden Studie wollten wir untersuchen, in wieweit das sozial-emotionale Funktionieren junger Erwachsener durch frühkindliche emotionale Vernachlässigung, das Oxytocin System und die erworbene Bindungsrepräsentation beeinflusst wird. Hierzu wurde in einer großen populations-basierten Stichprobe von N=121 Männern und Frauen die frühkindliche Traumatisierung mit dem Childhood Trauma Fragebogen (CTQ), die Bindungsrepräsentation mit dem Adult Attachment Projective Picture System (AAP) und die sozial-emotionalen Funktionen einer Person mit einem Fragebogen zu Angst und Vermeidung von sozialen Situationen erhoben. Weiterhin wurde von allen Teilnehmern 5ml Blutplasma gesammelt um die periphere Oxytocin Konzentration zu bestimmen. Im Anschluss wurden sequentielle Mediationsanalysen durchgeführt. Unsere Ergebnisse zeigen, dass frühkindliche emotionale Vernachlässigung negativ mit der Oxytocin Konzentration assoziiert war, welche wiederum mit der Bindungsrepräsentation einer Person zusammenhing welche ihrerseits signifikant die sozial-emotionalen Kompetenzen der Probanden beeinflusste (a1d21b2: F3,117=20.84, P<.001). Die Ergebnisse betonen den Einfluss frühkindlicher emotionaler Vernachlässigung im Zusammenspiel von endokrinologischen Veränderungen, dem Bindungssystem und dem sozial-emotionalen Funktionierens bei einer großen populations-basierten Stichprobe. Darüber hinaus sprechen unsere Ergebnisse für einen Interaktionsprozess von biologischen (Oxytocin-System) und psychologischen (Bindungssystem) Faktoren bei der Ätiologie von sozialen Angststörungen.
 
Dr. Laura Elisa Müller
Zentrum für Psychosoziale Medizin, Allgemeine Psychiatrie
Voßstr. 4
69115 Heidelberg
T 062215636813
E lauraelisa.mueller@med.uni-heidelberg.de

SY14.2 − Die Entwicklung von Kindern adoleszenter Mütter: Psychobiologische Risiko- und Schutzfaktoren
Dahmen B, Firk C, Jahnen L, Konrad K und Herpertz-Dahlmann B.
 
Brigitte Dahmen
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters RWTH UK Aachen
Neuenhofer Weg 21
52074 Aachen
T 0241-8089171
E bdahmen@ukaachen.de

SY14.3 − Der Einfluss früher Gewalterfahrungen auf die Mutter-Kind Interaktion und deren neuronale Grundlagen
Frühe Gewalterfahrungen sind assoziiert mit einem erhöhten Risiko für psychische Störungen, Defiziten in zwischenmenschlichen Funktionen und gehen oft mit Kindesmissbrauch in der nächsten Generation einher. Veränderungen im elterlichen Verhalten bilden einen möglichen Pfad dieses intergenerationalen Kreislaufs: Mütter mit frühen Gewalterfahrungen zeigen im Umgang mit ihren Kindern eine verringerte Sensitivität. In gesunden Müttern wurde mütterliche Sensitivität mit Aktivierungen im neuronalen Salienz-, Emotionsregulations- und im Empathie-Netzwerk in Verbindung gebracht. Im Rahmen der vorliegenden Studie wurden die mütterliche Sensitivität und neuronale Korrelate mütterlicher Responsivität in Müttern mit und ohne frühe Gewalterfahrungen untersucht.  Hierzu nahmen Mütter mit und ohne körperliche oder sexuelle Missbrauchserfahrungen in der eigenen Kindheit (N=58) an zwei funktionellen Magnetresonanztomographie-Experimenten teil: In einem Skriptbasierten Imaginationsparadigma bestand ihre Aufgabe darin, sich konfliktreiche und angenehme Interaktionen mit dem eigenen Kind genau vorzustellen. In einem Emotionserkennungs-Paradigma wurden ihnen emotionale Gesichter des eigenen und eines fremden Kindes präsentiert. Die mütterliche Sensitivität in der Mutter-Kind Interaktion wurde anhand einer echten, standardisierten Situation erhoben. Unsere Ergebnisse zeigen eine verringerte Sensitivität gegenüber dem eigenen Kind bei Müttern mit Gewalterfahrungen. Dies geht einher mit Veränderungen der Aktivität des neuronalen Salienz- und des Emotionsregulations-Netzwerks während der Vorstellung konfliktreicher im Vergleich zu angenehmen Interaktionen mit dem eigenen Kind. Zudem zeigten Mütter mit Gewalterfahrungen Veränderungen der Aktivität des Mentalisierungs-Netzwerks in Antwort auf fröhliche Gesichter ihres Kindes. Die Ergebnisse weisen auf eine erhöhte Salienz konflikthafter Interaktionen und auf einen kompensatorischen Einsatz kognitiver Mentalisierungsprozesse während der Emotionserkennung bei Müttern mit Gewalterfahrungen hin. Diese Aktivierungsmuster zeigen somit zugrundeliegende neuronale Defizite reduzierter mütterlicher Sensitivität auf und geben einen Ausblick auf potentielle Ziele von Trainings zur Intervention und Prävention um Leid in betroffenen Müttern und Kindern zu reduzieren.
 
Corinne Neukel
Klinik für Allgemeine Psychiatrie, Universitätsklinik Heidelberg
Voßstraße 4
69115 Heidelberg
T 062215634868
E corinne.neukel@med.uni-heidelberg.de

SY14.4 − Der Einfluss von frühem Stress auf Hirnstruktur und -funktion
Inzwischen gibt es eine klare Evidenz für den Zusammenhang zwischen aversiven Kindheitserfahrungen in Form von Missbrauch und Vernachlässigung und strukturellen Veränderungen in Hirnregionen wie Hippocampus oder Amygdala. Es verdichten sich außerdem die Hinweise, dass es bestimmte vulnerable Phasen in der Entwicklung von Stress-assoziierten Hirnveränderungen. Wir untersuchten 68 Frauen mit aversiven Kindheitserfahrungen mittels struktureller Hirnbildgebung und dem Maltreatment and Abuse Chronology of Exposure (MACE) Interview. Die Methode der Random Forest Regression wurde zur Untersuchung der Bedeutung der Traumatisierung im allgemeinen sowie der spezifischen Effekte von Missbrauch und Vernachlässigung auf das Volumen von Amygdala, Hippocampus und anteriorem Cingulum herangezogen. Es fanden sich spezifische Effekte von Art und Zeitpunkt der Traumatisierung auf strukturelle Veränderungen. Insbesondere zeigte sich eine sensitive Phase in der Präadoleszenz und frühen Adoleszenz für das Volumen von Amygdala und Hippocampus. Außerdem zeigten sich Unterschiede im Einfluss von Missbrauch und Vernachlässigung auf die strukturellen Veränderungen. Diese Ergebnisse bestätigen frühere Befunde zu vulnerablen Phasen in der strukturellen Hirnentwicklung. Weitere Befunde zu funktionellen Veränderungen werden präsentiert.
 
Prof. Dr. Christian Schmahl
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J 5
68159 Mannheim
T 0621-1703-4021
E christian.schmahl@zi-mannheim.de

SY15.1 − Unspezifische Zunahme der grauen Substanz durch Elektrokrampftherapie bei 92 depressiven Patienten
Elektrokrampftherapie (EKT) ist die Behandlung der Wahl bei schweren, therapieresistenten und psychotischen Depressionen. Vor allem hippokampale Volumenänderungen werden bei Depressionen und unabhängig davon auch nach EKT seit mehr als zwei Dekaden beschrieben.
In einer retrospektiven Studie haben wir Bildgebungsdaten aus 6 Zentren gepoolt. Dort waren vor und nach einer Therapie mit EKT hochauflösende Kernspintomographien durchgeführt worden. Das Volumen der grauen Substanz wurde mittels voxel-basierter Morphometrie an insgesamt 92 Patienten und 43 gesunden Kontrollen zweizeitig ermittelt.
Der prominenteste Volumenzuwachs an grauer Substanz zeigte sich in temporalen Bereichen. Zudem ließ sich in spezifischen Regionen wie dem Hippokampus und der Amygdala ebenfalls ein hochsignifikanter und rechtsbetonter Zuwachs nachweisen. Es zeigten sich keinerlei Volumenverluste an grauer Substanz. Der Volumenzuwachs an grauer Substanz war nicht auf Volumenverluste weißer Substanz zurückzuführen. Die Veränderungen korrelierten weder mit depressiver Psychopathologie noch mit kognitiven Einbußen. 
Mit unserer Studie konnten wir ältere Ergebnisse kleinerer Studien verifizieren: EKT führt bei depressiven Patienten zu einem temporal betonten Volumenzuwachs an grauer Substanz. Dieser Zuwachs liegt nicht in einem Verlust weißer Substanz begründet und korreliert nicht mit klinischen Parametern. Somit scheint EKT einen zunächst unspezifischen Zuwachs an grauer Substanz zu induzieren.
 
Prof. Dr. Alexander Sartorius
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit
J5
68159 Mannheim
T 49 621 1703 2913
E alexander.sartorius@zi-mannheim.de

SY15.2 − Erfassung kognitiver Nebenwirkungen der EKT in der klinischen Praxis - ein Überblick über beeinträchtigte Funktionsbereiche und geeignete Testverfahren
Kognitive Einbußen besonders im Gedächtnis und den Exekutivfunktionen sind eine der Hauptnebenwirkungen der EKT, die erheblichen Leidensdruck bei den betroffenen Patienten hervorrufen. Neuere Meta-Analysen ergaben, dass die EKT vor allem zu Störungen des Neugedächtnisses, des Autobiographischen Gedächtnisses und der Exekutivfunktionen führt. Dabei verursacht eine bilaterale Stimulierung stärker ausgeprägte Defizite als die unilaterale EKT. Der Vortrag fasst die Ergebnisse verschiedener aktueller Meta-Analysen zur Ausprägung kognitiver Nebenwirkungen zusammen und beleuchtet Schwierigkeiten in der Erfassung der Kognition. Zudem wird eine Empfehlung für die Erfassung kognitiver Defizite in der klinischen Praxis gegeben.
 
Dr. Stefanie Wagner
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Untere Zahlbacher Str. 8
55131 Mainz
T 06131-17 2135
E stefanie.wagner@unimedizin-mainz.de

SY15.3 − Kayser Magnetkonvulsionstherapie - eine neue konvulsive Hirnstimulationsmethode
Eine Vielzahl von Patienten mit psychischen Erkrankungen sprechen nicht oder nur unzureichend auf pharmakologische und psychotherapeutische Maßnahmen an. Für diese schweren und Therapie-resistenten psychiatrischen Störungen haben Hirnstimulationsmethoden eine zunehmende Relevanz. Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist leitliniengestützt die Therapie der Wahl bei schweren, therapieresistenten oder psychotischen Depressionen. Jedoch wird die EKT trotz ihrer hohen Wirksamkeit aufgrund der Stigmatisierung und der häufig auftretenden kognitiven Nebenwirkungen selten in der klinischen Praxis angewendet.
Die Magnetkonvulsionstherapie (MKT) ist eine Weiterentwicklung der repetitiven transkranialen Magnetstimulation (rTMS). Bei der MKT wird unter Vollnarkose und Muskelrelaxation durch ein starkes Magnetfeld ein generalisierter Krampfanfall ausgelöst. Ziel ist es durch eine fokale Stimulation von spezifischen Hirnregionen kognitive Nebenwirkungen zu reduzieren und gleichzeitig einen hohen antidepressiven Effekt zu erzielen. Es werden kognitive, klinische, metabolische und neurophysiologische Effekte der MKT vorgestellt.
 
Dr. Sarah Kayser
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz
Untere Zahlbacher Str. 8
55131 Mainz
T 06131172920
E sarah.kayser@unimedizin-mainz.de2

SY15.4 − Deep Brain Stimulation in Psychiatry
The introduction of Deep Brain Stimulation for treatment resistant disorders might very well lead to the most significant development in clinical psychiatry of the last forty years - possibly offering a rise of hope for patients to whom medicine had hitherto little to offer. Furthermore, translational research on neuromodulation will allow us to glean something about the underlying cause of patient's illnesses before figuring out a treatment that addresses the source of the problem. Major depression offers perhaps the best example of the rapid progress being made in understanding the biology of mental illness. Studies on the underlying neurobiology of major depression have typically focused on the description of biological differences between patients and healthy subjects such as alterations of monoaminergic or endocrine systems. Psychotropic drugs work by altering neurochemistry to a large extent in widespread regions of the brain, many of which may be unrelated to depression. We believe that more focused, targeted treatment approaches that modulate specific networks in the brain will prove a more effective approach to help treatment-resistant patients. In other words, whereas existing depression treatments approach this disease as a general brain dysfunction, a more complete and appropriate treatment will arise from thinking of depression as a dysfunction of specific brain networks that mediate mood and reward signals. A better understanding of defined dysfunctions in these networks will invariably lead to a better understanding of patients afflicted with depression and perhaps contribute to a de-stigmatization of psychiatric patients and the medical specialty treating them.
 
Prof. Dr. Thomas Schläpfer
Abteilung für Interventionelle Biologische Psychiatrie
Hauptstrasse 5
79103 Freiburg im Br.
T +49 761 2709669800
E thomas.schlaepfer@uniklinik-freiburg.de

SY16.1 − fMRT-basiertes Neurofeedback von symptom-spezifischen Netzwerken
Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) kann funktionelle Netzwerke abbilden, die in der Präsentation von Symptomen psychischer Störungen involviert sind. Diese Netzwerke können mit fMRT-basierten Neurofeedback direkt adressiert werden.  Ich stelle Befunde zur Regulation von kognitiver Kontrolle und Umbewertung bei posttraumatischen und affektiven Störungen als auch von Stimmenhören bei Schizophrenie vor.  Die Regulations-Trainings sind mit Veränderungen von funktionellen Netzwerken zu Aufmerksamkeit, Alertness und kognitiver Kontrolle verbunden. Ziel laufender Studien ist zu bewerten, wie das Üben der Regulationsfähigkeit einzelner Netzwerke sich auf Krankheitsverlauf und Lebensqualität der Patienten auswirken kann.
 
Prof. Dr. Klaus Mathiak
RWTH Aachen University
Pauwelsstr. 30
52074 Aachen
T 0241 80 80523
E kmathiak@ukaachen.de2

SY16.2 − Nah-Infrarot Spektroskopie (NIRS) Neurofeedback bei ADHS
Objectives: Psychiatric disorders like ADHD are currently mainly treated with pharmacotherapeutic and, to a lesser extent, with psychotherapeutic methods. The success measured as improvement of symptoms under is surprisingly good with high effect sizes (>0.8) in randomized controlled trials, in particular for pharmacological treatment with stimulants. However, there is still room and need for improvement.
Methods: Neurofeedback methods based on EEG and fMRI methods are increasingly applied as an alternative or add-on therapeutic approach. The rationale behind these therapies is to show the subjects an immediate feedback of their brain activity. So they can learn how to regulate their brain activity and transfer this ability to real life situations.
Results: We established a neurofeedback protocol for regions of the prefrontal cortex based on measurements of brain activity with Near-Infrared Spectroscopy (NIRS). This NIRS-neurofeedback was applied in children and adults with ADHD with promising results. 
Conclusion: Due to its high ecological validity, NIRS-neurofeedback might develop to an alternative or add-on therapy also for ADHD patients in future.
 
Prof. Dr. Andreas Fallgatter
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Calwerstr. 14
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SY16.3 − Neurofeedback bei Schizophrenie-Patienten mit akustischen Halluzinationen - erste Ergebnisse und Ausblick    H. Storchak, J. Hudak, F. Häußinger, A. J. Fallgatter, A.-C., Ehlis
Die Kernsymptomatik der schizophrenen Erkrankung stellen meist Positivsymptome dar, vor allem akustische Halluzinationen (AVH), welche 60-80% der Schizophrenie-Patienten betreffen. AVHs sind in 25-30% der Fälle resistent gegenüber antipsychotischer Medikation, sodass ein Bedarf an weiteren Interventionsansätzen besteht. Die Neurofeedbackmethode (NF), bei welcher die Patienten lernen ihre neuronale Aktivität in bestimmten Gehirnregionen zu regulieren, könnte einen entsprechenden Ansatz darstellen.
Es wurde ein NF-Training mit der Methode der Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) mit paranoid schizophrenen Patienten mit Positivsymptomatik durchgeführt. In dem Training sollte die Aktivität im STG (als Region, welche am häufigsten als neuronales Korrelat von AVH untersucht wurde) reguliert werden, um die erhöhte Aktivität in diesem Areal zu verringern und somit die Symptomatik zu verbessern. Es werden erste Ergebnisse aus einer NF-Studie bei drei Patienten sowie eines Heilversuchs bei einem Patienten vorgestellt.
Zur Untersuchung der Effektivität des NIRS-Feedbacks auf AVH wurde ein Protokoll zum Erlernen der bilateralen Aktivierung und Deaktivierung des STG angewendet. Jede Trainingseinheit bestand aus 2 Feedback- und 2 Transfer-Blöcken, alternierend präsentiert, mit jeweils 8 Einzeldurchgängen, in insgesamt 15 Sessions. Ein Dreieck am Bildschirm zeigte den Patienten an, ob sie die Aktivität verringern oder erhöhen sollten. Die Daten weisen darauf hin, dass die Patienten in der Lage waren ihre Gehirnaktivität im STG zu regulieren, es konnte jedoch nur ein Trend in Richtung eines Lerneffekts verzeichnet werden.
Ausgehend von dieser Datenlage, wurde das Protokoll für den Heilversuch modifiziert und in Bezug auf eine individuelle Ausprägung der AVH angepasst. Basierend auf dem Befund, dass unmittelbar vor dem Einsetzen der AVH Deaktivierungen in den den AVH unterliegenden Gehirnarealen festgestellt werden konnten (Diederen et al., 2010), sah das neue Protokoll vor, dass vor jedem Durchgang angegeben werden sollte, ob gegenwärtig AVH bestanden, keine AVH bestanden oder der Patient den Eindruck hatte, dass AVH in Kürze einsetzen würden. Die Aktivität sollte verringert werden, wenn AVH bestanden und wenn keine bestanden, und erhöht werden vor dem Einsetzen der AVH. Im Verlauf der Sessions (insgesamt 47) zeigte sich eine Abnahme der AVH, welche mit der erlernten Aktivierung unmittelbar vor dem Einsetzen der AVH in Zusammenhang gebracht werden konnte.
 
Helena Storchak
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